Mit 28:17 Stimmen geht der rot-grüne Etat durch den Rat Salzgitter
Die rot-grüne Mehrheit im Rat Salzgitter hat sich auch von aufgebrachten Sportlern und protestierenden Schülern nicht davon abhalten lassen, den von ihren Anträgen geprägten Haushaltsplan 2014 zu beschließen. Mit Unterstützung der Linken brachten die Fraktionen von SPD und Grüne den Etat mit 28:17 Stimmen durch, die Politiker von CDU/FDP sowie MBS waren dagegen.

Schüler aus dem Gymnasium Salzgitter-Bad fordern vor dem Ratssaal, die Sanierung ihrer Unterrichtsräume nicht zu verschieben.
Das ist auch eher selten: ein volles Haus zur Haushaltsdiskussion im Rat. Die Plätze auf der Tribüne reichten nicht, weit mehr als 100 Zuhörer verfolgten die Debatte am Großbildschirm vor dem Saal. Darunter viele Mitglieder des TSV Salzgitter, die um die städtische Förderung für den Wiederaufbau ihres Vereinsheims bangten. Sie kamen nicht umsonst. Das Geld soll laut Haushaltsbeschluss verteilt auf vier Jahresraten über die Investitionszuschüsse der Sport- und Freizeit GmbH an den MTV fließen.
Vor Ort waren aber auch Dutzende Schüler, Lehrer und Eltern aus dem Gymnasium Salzgitter-Bad, die sich gegen die rot-grüne Pläne wehren, für den IGS-tauglichen Um- und Ausbau der Realschule Salgzitter-Bad das bisherige Sanierungsprogramm zu strecken. Denn andere Schulen in der Stadt müssen nun ein Jahr länger auf die Handwerker warten.
Dem SPD-Fraktionsvorsitzendem Ulrich Leidecker stießen der Proteste etwas sauer auf. Am Vormittag waren mehr als 20 Kurznachrichten von Schülern auf seinem Handy eingegangen. „Schulen gegen Schulen auszuspielen ist das Übelste“, hielt er den IGS-Kritikern in seiner Haushaltsrede vor, die Jugendlichen zu instrumentalisieren. Er verteidigte die Beschlüsse, die zukunftsorientiert, sozial und ökologisch nachhaltig seien. Deutliche Worte richtete Leidecker an Oberbürgermeister Frank Klingebiel, nannte dessen Reaktion auf den Eckdatenbeschluss mit einer rechtlichen Prüfung und drei Haushaltsentwürfen „unnötig“ und „unwürdig“. Der CDU/FDP-Fraktion hielt er vor, mit ihrem Latein am Ende zu sein. „Ihre Anträge sind mehr als spärlich“, so Leidecker. Die Vorschläge der Mehrheit hätten eine Erspranis von einer Million Euro ergeben. „Wir gehen verantwortungsbewusst mit dem Steuergeld um.“
In das gleiche Horn stieß Marcel Bürger für die Frakion Bündnis 90/Grüne. „Wir investieren nicht nur in Gebäude, sondern in die Menschen“, lenkte er den Blick weg von den großen Diskussionsobjekten wie der Seepromenade oder dem Sanierungsprogramm für die Feuerwehrhäuser. Er zählte viele Projekte auf, für die Rot-Grün steht und für die Mittel bereit liegen: das Schadstoffscreening in den Kindergärten und Schulen, den Umweltbericht, die Fortsetzung des Brückenjahres, acht Schulsozialarbeiterstellen und die Familienzentren. Es gibt Geld für die Stadtteilmütter, für einen Kulturentwicklungsplan und einen Kleingartenfonds, außerdem für die Leseförderung und die Suchthilfe, für die Kastration von Katzen oder auch für eine Badestelle für Hunde am See. „Alle Anträge sind gegenfinanziert“, betonte Bürger.
„Rot-grüne Halbwahrheiten“
Doch das sieht CDU/FDP-Fraktionssprecher Rolf Stratmann ganz anders. Die rot-grünen Vorschläge nannte er ein „buntes Sammelsurium an Wünschen und Maßnahmen“, die für ihn nur durch eine „wundersame Geldvermehrung“ zu bezahlen sind. Er kritisierte unter anderem, dass die Mehrheit die Ansätze bei den Zins-aufwendungen einfach mal um 250.000 Euro gekürzt und bei IT-Investitionen gestrichen habe. Das gefährde „die Funktionsfähigkeit der gesamten Verwaltung.“ Stratmann sprach von „rotgrüner Mathematik“ und rot-grünen Halbwahrheiten“. Die Vorschläge belasteten die Budgets der nächsten Jahre.
MBS-Fraktionschef Peter Kozlik krtisierte die Steuerverschwendung der Ratsmehrheit. Mit Blick auf die Verschuldung Salzgitters von insgesamt 362 Millionen Euro sei es unverantwortlich, wie Politik und Verwaltung mitunter mit dem Geld umgingen. Als Beispiele nannte er unter anderem die 300.000 Euro für Gutachter und Verwaltungskosten, um den „utopischen“ Rückkauf des Klinikums zu prüfen. Ein Lob gab es für Klingebiel. Die MBS und die Bürger seien mit der Arbeit des Oberbürgermeisters sehr zufrieden, so Kozlik.
Die Linken konnten sich mit den meisten Anträgen der Ratsmehrheit anfreunden, halten aber nichts vom geplanten Bau einer Photovoltaikanlage auf der Deponie und der Seepromenade. Fraktionsvorsitzender Hermann Fleischer kritisierte auch die Kürzung der Mittel für die Datenverarbeitung. „Das geht nicht.“ Seine Fraktion legte mehrere eigene Vorschläge zum Haushalt vor, die alle in dem fast zweistündigen Abstimmungsmarathon keine Mehrheit fanden – wie auch die von MBS und CDU/FDP.
Fast 100 Anträge liegen vor
Über fast 100 Anträge hatte der Rat mitunter einzeln zu entscheiden. Die Linke zog zwei davon zurück. Über einen Sozialpass und den Einsatz von Mobilitätshelfern bei der KVG soll noch einmal in den Ausschüssen gesprochen werden. CDU-Ratsherr Bernd Scherer rettete die beantragten Fahrradstellplätze am Bahnhof Ringelheim ebenfalls vor einer Ablehnung durch die Mehrheit. Der Rat verwies auch das Papier in die Fachausschüsse.