Dem Tier zuliebe: Einfallsreiche Landwirte im Peiner Land
Hermann Dube zeigt eine Auswahl der Hilfmitteln, mit denen Landwirte im Kreis Peine versuchen, Wildtiere vor der Mahd zu verscheuchen und sie so zu retten.

Dem Tier zuliebe: Einfallsreiche Landwirte im Peiner Land

Edemissen. Jedes Jahr kommen Wildtiere beim Mähen von Wiesen ums Leben. So geschehen nahe Edemissen, wo kürzlich ein Rehkitz vom Mähwerk erfasst und getötet wurde; die Ricke blieb stundenlag bei den Überresten ihres Jungen stehen (hallo berichtete). Die Landwirte im Landkreis versuchen bei jeder Mahd, diese Unfälle so selten wie möglich zu halten, wie  der Edemissener Landwirt Hermann Dube der hallo-Redaktion erklärte.

Wenn die Mähmaschine auf die Wiese fährt, sollten Tiere, die sich dort versteckt halten, nach Möglichkeit bereits verscheucht sein. Denn Rehkitze und auch junge Hasen haben instinktiv Angst vor Raubtieren, ducken sich im hohen Gras weg und verhalten sich ganz still, um von Fuchs, Bussard und Co. nicht entdeckt zu werden. Dieselbe Reaktion zeigen sie meist auch, wenn gemäht wird, mit fatalen Folgen.

„Wir haben schon viel experimentiert“, erklärt Dube, der mit seinen Kollegen in jedem Jahr – besonders im Frühjahr – große Anstrengungen unternimmt, um den Wildbestand zu schonen. „Fahnen aus Plastikfolie, die im Wind raschelt, blinkende Signallampen, die im Straßenverkehr als Warnhinweis aufgestellt werden, sogar Radios haben wir schon in die Wiese gehängt, die in regelmäßigen Abständen Musik machen.“ Damit sollen die Muttertiere dazu gebracht werden, ihre Jungen an einen anderen Ort zu bringen.

Hunde, Warnlampen, Knisterfahnen und Radios

Auch mit Hunden streifen die Landwirte über die Wiesen. Allerdings weniger, um Jungtiere zu entdecken, denn Rehkitze geben keine wahrnehmbare Witterung ab. Vielmehr sollen die Hunde selbst ihren Geruch auf der Wiese lassen, damit die Muttertiere mit ihrem Nachwuchs umziehen.
Bis vor einigen Jahren wurden Ketten vor dem Mähwerk angebracht, die durchs Gras rasselten und so die gefährdeten Tiere aufschrecken sollten. Vielversperechender ist ein Gerät, das während der Mahd schrille Pfeiftöne abgibt (ähnlich wie ein Martinshorn, nur mit höherem Ton). Dies hat schon einige Tiere direkt vor dem Mäher aufgeschreckt und somit in letzter Sekunde gerettet.

Neue Probleme in modernen Zeiten

Dube, der jahrzehntelange Erfahrung mit der Mahd und ihren Nebeneffekten hat, erinnert sich: „Früher war es oft noch schlimmer. Als die Mähwerke noch aus horizontal schwingenden Klingen bestanden, schnitten sie den Tieren oft nur die Beine ab. Glauben Sie mir, so ein Tier zu erschlagen, um es von seinem Leid zu erlösen, macht niemandem Spaß.“ Moderne Mähwerke lassen hingegen kaum etwas von dem Tier übrig. Das sei zwar ein schwacher Trost, aber immerhin seien die Mäh-Opfer sofort tot und müssten nicht mehr leiden.

Auf der anderen Seite ist es heute aus wirtschaftlichen Gründen nötig, die Flächen innerhalb kürzester zu mähen; rund um Edemissen betrifft dies ganze 68 Hektar, die quasi zeitgleich an der Reihe sind. „Früher ging es eher reihum, da war mehr Zeit für die einzelne Fläche, um Vorsorge zu treffen“, erinnert sich Dube.

Rehkitze und junge Hasen sind niedlich und rufen bei Menschen großes Mitleid ervor, wenn sie getötet werden, aber sie sind beileibe nicht die einzigen Tiere, die bei der Mahd ums Leben kommen: „Fleischfressende Vögel wie Bussarde, Milane oder auch Störche kreisen regelmäßig über frisch gemähten Wiesen, weil sie dort fast immer Aas finden“, erklärt der erfahrene Landwirt.

Das Auto bleibt die Gefahr Nummer eins

Bei allen Anstrengungen, die Wiesenbewohner vor dem Mähwerk zu bewahren, bleibt laut Dube die Erkentnis: „Einen hundertprozentigen Schutz kann niemand garantieren.“ Allerdings ist auch klar: Der größte Feind von Reh und Co. sind nicht die Landwirte, sondern die Autofahrer.