Debatte um Straßennamen in Gifhorn: Ersatz für Nationalsozialisten

Debatte um Straßennamen in Gifhorn: Ersatz für Nationalsozialisten

Gifhorn. Ob es wohl diesmal klappt? Seit Jahren plädieren die Grünen im Gifhorner Stadtrat dafür, eine Straße im Stadtgebiet nach einer Frau zu benennen. Die Gelegenheit bietet sich unverhofft, weil Bürgermeister Matthias Nerlich angekündigt hat, die Dr.-Gotthard-Rattay-Straße vom Stadtrat so schnell wie möglich umbenennen zu lassen.

Nachdem bekannt wurde, welche unrühmliche Vergangenheit der ehemalige Stadtdirektor Gotthard Rattay hatte, soll ein neuer Straßenname her – geht es nach den Grünen, den einer Frau.

Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der Namensgeber Gotthard Rattay, von 1950 bis 1967 Gifhorner Stadtdirektor, ein Nationalsozialist war – sowie ein bekennender und handelnder Antisemit, der es als seine „Pflicht“ ansah, allen Juden maximal zu schaden.

Nun soll der Stadtrat bei seiner nächsten Sitzung am 17. Juni die Namensänderung  beschließen. Von der ULG wurde der Historiker Fritz Brüggemann vorgeschlagen, die Stadtverwaltung liebäugelt mit der Gifhorner Partnerstadt Korssun (vollständig Korssun-Schewtschenkiwski).

Der Antrag der Grünen, der vergangene Woche bei der Verwaltung einging, wiederholt das bisher vergebliche Ansinnen, Gifhorner Straßen auch einmal nach Frauen zu benennen. Fraktionsvorsitzende Nicole Wockenfuß schlägt die in Hannover geborene Jüdin und Antifaschistin Hannah Arendt vor, als Gegenpol zu dem bisherigen Namensgeber. Noch lieber wäre ihr eine Frau mit Lokalbezug – da aber die Politik früher eine komplette Männerdomäne war, ist die Suche nach einer weiblichen Prominenten nicht ganz einfach, wie Wockenfuß zugibt.  „Außerdem bin ich keine gebürtige Gifhornerin“, fügt die Fraktionsvorsitzende hinzu, „bei der Suche nach einer bedeutenden Gifhornerin kennen sich die Alteingesessenen besser aus.“

Ulrich Stenzel, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, schließt sich an: „Wir werden dem Vorschlag, die Straße nach Hannah Arendt zu benennen, folgen.“ Für die Zukunft wünscht Stenzel sich ebenfalls mehr Lokalbezug. Ein ganzes Viertel nach Gifhorner Originalen zu benennen, wäre in seinen Augen reizvoll. „Da kommen bestimmt viele Ideen aus der Bevölkerung“, so Stenzel.

Matthias Nerlich, der nach über 25 Jahren Partnerschaft mit der ukrainischen Stadt gern eine Korssun-Straße sehen würde, ist trotzdem offen gegenüber dem Wunsch nach einem weiblichen Straßennamen: „Dann wäre ein Bezug zu Gifhorn wünschenswert.“ Sollte auch diesmal, wie bereits bei der jetzigen Bruno-Kuhn-Straße, die Benennung einer Straße nach einer Frau auf „das nächste Mal“ verschoben werden, bleibt immerhin der Trost: Neue Baugebiete stehen in den Startlöchern und werden in der näheren Zukunft ohnehin benannt.

Vielleicht kommt dann auch einmal eine Frau zum Zuge …