
Telefonaktion bei hallo Salzgitter zum Thema Organspende
Salzgitter. Die Warteliste für ein Spenderorgan ist sehr lang. Viele Menschen müssen sterben, weil es eben kein geeignetes Organ für sie gibt. Dabei ist der Großteil der Deutschen grundsätzlich bereit, zu helfen. Aber beim Thema Organspende besteht bei vielen noch Unsicherheit. Leser hatten die Gelegenheit, Brigitte Lenzky-Roth und Tanja Rögner vom Info-Telefon der Deutschen Stiftung Organtransplantation und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung dazu Fragen zu stellen.
Wenn jemand an Herzversagen stirbt, kann man sich das vorstellen. Aber wer entscheidet, ob ein Mensch hirntot ist?
Der Hirntod muss immer von zwei qualifizierten Fachärzten unabhängig voneinander diagnostiziert werden. Diejenigen Ärzte, die den Hirntod feststellen, dürfen nicht an der Organentnahme und nicht an der Transplantation beteiligt sein. Sie dürfen auch keinem Transplantations-Chirurgen unterstehen. Die Bundesärztekammer hat dafür den Ablauf und das Verfahren genau festgelegt.
Ist das Verfahren zur Feststellung des Hirntods sicher? Wie geht das vonstatten?
Zunächst wird geprüft, ob eine schwere Hirnschädigung vorliegt. Außerdem muss ausgeschlossen werden, dass vorübergehend wirkende Einflüsse wie z.B. eine Unterkühlung oder die Wirkung von Medikamenten für den Ausfall der Hirnfunktionen verantwortlich sind. Erst danach werden die sogenannten Hirnstammreflexe getestet. Beim Pupillenreflex wird zum Beispiel geprüft, ob sich die Pupillen bei Lichteinfall verengen, beim Berühren des Rachenraums, ob der Husten- und Würgereflex ausgelöst wird. Wenn alle infrage kommenden Reflexe ausbleiben, wird die Spontan-Atmung geprüft. Schaltet man die Beatmung aus, wird normalerweise das Atmungszentrum aktiviert. Löst dies keinen Atemzug aus, liegt ein Ausfall des Zentrums vor. Dann setzen weitere Untersuchungen ein, zum Beispiel die Messung der Gehirnströme (EEG) oder die Überprüfung, ob das Gehirn noch durchblutet wird. Können keinerlei Gehirnaktivitäten gemessen werden oder wird die fehlende Durchblutung des Gehirns nachgewiesen, gilt der Hirntod als festgestellt.Frage: Es wird ja davon ausgegangen, dass der Spender zum Zeitpunkt der Organentnahme unwiederbringlich tot ist. Wie kann es sein, dass dann die Organe noch funktionieren?
Mich beschäftigt, dass ein hirntoter Spender durchaus lebendig aussehen kann.
Durch Beatmung und Medikamente werden die Herz- und Kreislauffunktion des Verstorbenen künstlich aufrechterhalten, um die Organe bis zur Entnahme zu versorgen. Diese Maßnahmen sichern, dass die Organe transplantieren sind. Denn der Spender selbst ist unwiederbringlich tot, weil die Funktionen des gesamten Gehirns, also des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms, irreversibel erloschen sind.
Vor sechs Jahren bin ich an Krebs erkrankt, bin jetzt aber geheilt. Könnte ich jetzt trotzdem Organe spenden?
Ja, man kann auch trotz Vorerkrankung Spender sein. Und es ist sinnvoll, schwere Erkrankungen auf dem Ausweis zu vermerken. Vor allem, wann sie auftraten. Fünf Jahre nach einer Krebserkrankung wäre zum Beispiel eine Spende wieder möglich.
Was passiert mit meinen Daten, wenn ich einen Organspendeausweis ausfülle? Hat darauf irgendwer Zugriff?
Nein, Organspendeausweise und die darauf angegebenen Daten werden nirgendwo registriert oder hinterlegt. Sie dienen einzig und allein dazu, im Fall des Hirntods zu klären, ob der Betroffene sich für oder gegen eine Organspende ausgesprochen hat. Sie tragen ihn am besten im Portemonnaie mit sich. Gültig ist der Organspendeausweis nur mit Ihrer Unterschrift.
Wir wollen im Urlaub nach Spanien. Dort gelten ja andere Gesetze in Sachen Organspende. Würde mein deutscher Organspendeausweis im Fall des Falles überhaupt maßgeblich sein?
Der ausgefüllte Organspendeausweis aus Deutschland hat auch in anderen Ländern Gültigkeit. Es ist es ratsam, vor einer Reise einen ausgefüllten Organspendeausweis zu den Ausweispapieren zu legen und mit den nächsten Angehörigen oder Mitreisenden darüber zu sprechen. Für das fremdsprachige Ausland empfiehlt sich ein Ausweis in Landessprache. Die Bega stellt den Organspendeausweis in 28 Sprachen zum Download und Ausdruck zur Verfügung.
Meine Tante ist sehr religiös und lehnt Organspende ab. Ist die Kirche generell dagegen?
Weder die katholische noch die evangelische Kirche, noch der Zentralrat der Muslime lehnen Spenden ab. Im Gegenteil, sie befürworten die Organspende als Akt der Nächstenliebe gegenüber Kranken und Behinderten.
Wenn man einen Organspendeausweis hat – erspart man dann den Angehörigen im Fall eines Hirntodes die Entscheidung für oder gegen eine Organentnahme?
Ja. Die Angehörigen müssen – wenn man sich auf dem Organspendeausweis mit ja für eine Spende festgelegt hat – nicht um eine Entscheidung gebeten werden. Denn dann hat in jedem Fall der Wille des Verstorbenen Vorrang. Ist das Einverständnis dokumentiert, so ist eine Organentnahme rechtlich zulässig. Es ist aber gut, wenn man den Angehörigen seines Entscheidung mitgeteilt hat. Die werden im Falle einer Entnahme ihrerseits darüber informiert.
Kann ich mir den Organspendeausweis mit meinen fast 80 Jahren jetzt sparen? Da gibt es doch bestimmt eine Altersbegrenzung.
Nein, das Alter ist eigentlich nicht relevant. Der älteste Organspender war 98 Jahre alt. Er spendete Leber und Niere. Ob gespendete Organe oder Gewebe für eine Transplantation geeignet sind, kann immer erst im Fall einer tatsächlichen Spende medizinisch überprüft werden. Ein hohes Alter ist auf jeden Fall kein Hinderungsgrund.
Ich hätte Probleme damit, mein Herz zu spenden. Kann man das ausschließen? Ansonsten bin ich für die Organspende. Welche Organe können für eine Transplantation überhaupt genutzt werden?
Wenn Sie Ihr Herz nicht spenden möchten, vermerken Sie das einfach auf Ihrem Organspendeausweis.Nach dem Hirntod können folgende Organe und Gewebe entnommen und übertragen werden: Niere, Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse, Darm und Teile der Haut sowie die Hornhaut der Augen, Herzklappen, Teile der Blutgefäße, des Knochengewebes, des Knorpelgewebes und der Sehnen.
Meine Eltern wünschen sich, einmal zu Hause zu sterben. Damit würde sich die Frage einer Organspende gar nicht stellen, oder?
Eine Voraussetzung für die Organentnahme bei Verstorbenen ist der Hirntod. Tritt der Hirntod zu Hause ein, kommt eine Organentnahme nicht infrage. Denn damit die potenziellen Spende-Organe funktionsfähig bleiben, muss das Herz-Kreislauf-System künstlich aufrecht erhalten werden. Das funktioniert nur auf einer Intensivstation. In den allermeisten Sterbefällen tritt der Herzstillstand vor dem Hirntod ein. In Deutschland sterben pro Jahr etwa 900.000 Menschen. Im Jahr 2017 gab es lediglich 1.178 Verstorbene, bei denen der Hirntod festgestellt wurde. Hiervon wurden nur 797 Personen zum Organspender.
Wie verbindlich ist ein Organspendeausweis? Was passiert, wenn ich meine Entscheidung zur Organspende noch einmal ändern möchte?
Sobald der Organspendeausweis unterschrieben ist, ist er verbindlich. Die Entscheidung wird aber nicht registriert. Niemand muss fürchten, sich endgültig festzulegen. Wer seine Einstellung zur Organ- und Gewebespende ändert, muss lediglich die alte Erklärung vernichten. Auf einem neuen Ausweis kann die geänderte Einstellung festgehalten werden.
Welche konkreten Vorteile bringt das neue Transplantationsgesetz?
Kurz gesagt: Die Transplantationsbeauftragten in den Krankenhäusern haben mehr Zeit und mehr Befugnisse. Die Krankenhäuser werden angemessener für ihre Leistungen vergütet, und die Empfänger der Organe können in einem anonymisierten Schreiben den Angehörigen der Organspender danken.
Weitere Informationen beim gebührenfreien Info-Telefon Organspende unter 0800/9040400. Dort können auch kostenlos Organspendeausweise und Informationsmaterial angefordert werden. Man kann auch beim Arzt oder in der Apotheke danach fragen.