Industriegeschichte im Fokus: Neues Museum in Salzgitter kostet 25 Millionen Euro
Die Planungen für ein Mobilitätsmuseum in Salder gehen in eine neue Richtung. Salzgitter soll nun für mehr als 25 Millionen Euro ein knapp 20.000 Quadratmeter großes „Industrium“ bekommen. Diese Wortschöpfung stammt von der Bremer Agentur Petri & Tiemann. Diese empfiehlt den Schwerpunkt der Ausstellung nicht auf Fahrzeuge und Mobilität zu legen, sondern auf die Industriegeschichte der Region zwischen Harz und Heide.

So könnte das Museum für Industriegeschichte aussehen. Westlich der Fuhse stehen die neuen Aussellungshallen mit dem Parkplatz, Brücken und Wege führen zum Schloss. Grafik: Petri & Tiemann
Mit dem geplanten Mobilitätsmuseum erreicht Salzgitter schon kommende Woche landesweit Populariät, allerdings anders als von der Stadt erhofft. Der Radiosender NDR 1 Niedersachsen kommt am Dienstag um 18 Uhr mit seiner Reihe „Jetzt reicht’s“ in den Gala-Hof nach Salder. Moderator Hans-Jürgen Otte diskutiert dort eine Stunde lang mit Christoph Großmann von der Initiative „proSal“, Kulturdezernent Ekkehard Grunwald und Hans Lochmann vom Museumsverband darüber, ob ein „Mobilitätsmuseum in Salder unnütz und teuer“ ist.
Kollegen aus Braunschweig hatten Otte auf das umstrittene Vorhaben aufmerksam gemacht. Der NDR-Mann muss sich nach eigenen Worten auf eine neue Situation einstellen. Normalerweise hat er es mit Bürgern zu tun, die etwas für ihren Ort fordern. In Salder ist es umgekehrt, da wollen viele Einwohner ein Millionenprojekt vor ihrer Tür verhindern.
Welch ein Glück für den NDR, dass rechtzeitig zur Sendung erstmals verlässliche Zahlen genannt werden. Die auf Freizeit- und Thmenparks spezialisierte Petri & Tiemann GmbH hat sich im Auftrag der Wolfsburg AG den bisherigen Planungen der Stadt angenommen und den Ratsfraktionen in dieser Woche einen Zwischenbericht vorgestellt.
Unter dem Motto „Am Puls der Zeit“ empfehlen die Experten auf 128 Seiten, nicht die Mobilität in den Mittelpunkt zu stellen, sondern in multimedialer Form die Entwicklung der gesamten Region von der Landwirtschaft zum Industriestandort. Sogar einen Namen haben sie schon. Statt des eher behäbig klingenden Museums für Industrie, Technolgie, Arbeit und Mobilität (MITAM) soll Salzgitter ein deutschlandweit einmaliges und unverwechselbares „Industrium“ bekommen.
Obwohl es sich bei dem Entwurf laut Verwaltung „nicht um den finalen Stand“ handelt, hat sich Petri und Tiemann an vielen Punkten festgelegt. Standort für die Ausstellungehallen sollte das heutige Gelände von Feuerwehr und THW werden, das auf der anderen Seite der Fuhsewiese liegt und über Fußwege mit dem Stadtmuseum verbunden werden könnte.
Auch bei den Kosten werden die Berater konkret. Die „proSal“-Mitglieder dürften sich in ihren Prognosen bestätigt fühlen. Statt der früher genannten 3,9 Millionen Euro dürften Planung und Bau laut Agentur „überschlägig“ 25,4 Millionen Euro verschlingen. Wer diese Summe bezahlen soll, steht nicht in dem Papier. Die Stadt will bekanntlich maximal fünf Prozent davon tragen. Für die restlichen 24 Millionen Euro müsste sie noch Gönner finden. Als größter Hoffnungsträger gilt dabei das Land Niedersachsen.
Die größere Belastung bringt aber der Betrieb mit sich. Selbst wenn die von Petri & Tiemann prognostizierten 100.000 Besucher pro Jahr kommen, müsste die Stadt das „Industrium“ jährlich mit 1,6 Millionen Euro aus dem Haushalt stützen. Eine freiwillige Ausgabe, für die es bei einem Schuldenberg von mehr als 300 Millionen Euro guter Argumente bedarf.
Ratsbeschluss Ende Juni
Noch scheint es aber zu früh für die Debatte. Erst Ende Mai soll die Agentur das Schlusskonzept vorstellen. „Und auch das wird so nicht 1:1 realisiert werden“, glaubt Dezernent Grunwald. Spätestens Ende Juni vor der Sommerpause soll alles zum Industriemuseum auf dem Tisch liegen und der Rat entscheiden, ob die Stadt dafür das Geld aufbringen soll oder nicht.
Wer sich die Museumsdiskussion anhören will, kann Dienstag live im Gala-Hof dabei sein oder sollte Donnerstag von 20 bis 21 Uhr das Radio einschalten. Dann läuft die Sendung auf NDR 1.