Hohenhamelns Bürgermeister: „Zuzug beweist Wohnattraktivität“
Bürgermeister Lutz Erwig sieht die Gemeinde – trotz eines Einbruchs der Gewerbesteuereinnahmen – gut aufgestellt. Besonders freut ihn das weitreichende ehrenamtliche Engagement der Hohenhamelner Bürger.Foto: Kühlmeyer

Hohenhamelns Bürgermeister: „Zuzug beweist Wohnattraktivität“

Von Klaus Kühlmeyer
Hohenhameln. Die Serie „hallo, Herr Bürgermeister“ macht in dieser Ausgabe Station in Hohenhameln. Die hallo-Redaktion sprach mit Gemeindebürgermeister Lutz Erwig über Infrastruktur und Finanzen, laufende und kommende Entwicklungsprojekte sowie über die Rolle der Gemeinde bei der Gebietsstrukturreform.

hallo: Die Zuckerfabrik in Clauen spielt als großer Arbeitgeber eine wichtige Rolle für die Gemeinde. Kann Hohenhameln davon profitieren, dass viele ähnliche Anlagen in der Region geschlossen wurden und dadurch mehr Zucker vor Ort produziert wird?
Erwig:  Zurzeit leider nicht. Es hat im vergangenen Jahr zwar eine Zuckerrüben-Rekordernte gegeben, aber dadurch ist der Marktpreis deutlich gesunken. Die Zuckerfabrik in Clauen bzw. die Firma Nordzucker rechnet in diesem Jahr erstmals seit langer Zeit mit roten Zahlen. Dadurch fallen zumindest zeitweise diese Gewerbesteuern weg. Das bringt uns als Gemeinde in eine schwierige finanzielle Situation.
hallo: Macht sich das bei der Bewältigung kommunaler Aufgaben bemerkbar?
Erwig: Erheblich. In jüngster Vergangenheit konnten Projekte wie die energetische Sanierung der Schule oder die Umstellung der Turnhallenbeleuchtung in Mehrum auf LED-Technik umgesetzt werden, und in Clauen bauen wir eine neue Kinderkrippe. Andere Aufgaben wie beispielsweise die Sanierung des Feuerwehrgerätehauses in Stedum oder das Straßensanierungsprogramm mussten wir  verschieben. In diesem Haushaltsjahr rechnen wir mit einem Minus, müssen also voraussichtlich eine Neuverschuldung in Kauf nehmen. Welche anstehenden Projekte zukünftig umgesetzt oder verschoben werden, beschließt der Gemeinderat; meiner Meinung nach sollten wir aber nicht über Gebühr auf Pump leben.
Welche Entwicklungen sehen Sie positiv?
Erwig: Wir haben zahlreiche Grundstücke in Neubaugebieten verkauft. Das ist natürlich erfreulich, weil es zeigt, dass Hohenhameln ein attraktiver Wohnort ist. Außerdem können wir so dem demografischen Faktor entgegenwirken. Es gibt zwar  wenige Geburten, aber die Zuzüge verlangsamen den demografischen Wandel.
hallo: Was ist es denn, das Hohenhameln für Neubürger so interessant macht?
Erwig:  Im Kernort haben wir eine gute Infrastruktur mit Einkaufsmöglichkeiten und allem, was die Bürger fürs Leben brauchen. Auch das Hallenbad in Mehrum ist etwas, das nicht jede Gemeinde zu bieten hat. Für das Zusammenleben ist es sehr schön, dass jede Ortschaft ein Dorfgemeinschaftshaus hat und das Vereinsleben aktiv ist. Und dass Harber bei „Unser Dorf hat Zukunft“ eine Runde weiter gekommen ist, spricht ja für sich.
hallo: Ein Thema, an dem keine Kommune vorbeikommt, ist die aktuelle Flüchtlingssituation. Wie sieht die Lage zurzeit aus und wie blicken Sie in die Zukunft?
Erwig: Momentan sind es 52 Flüchtlinge, die in der Gemeinde unterkommen. Diese Zahl schwankt allerdings immer um einige Personen. 15 weitere müssen wir noch aufnehmen. Dafür mieten wir Wohnungen von Privatleuten an. Jetzt warten wir auf neue Zahlen, nachdem der Bund seine Prognose auf bundesweit 800.000 Migranten erhöht hat. Wenn wir entsprechend viele Flüchtlinge dazubekommen, wird der Wohnraum knapp. Darum sind alle Vermieter, die einen Leerstand haben, herzlich willkommen, sich bei der Gemeinde zu melden. Finanziell ist die Lage zu meistern, wenn vom Bund die zugesicherten Gelder fließen. Auch bekommt die Gemeinde vom Landkreis eine halbe Sozialarbeiterstelle finanziert, das ist eine wichtige Entlastung. Allerdings ist eine sinnvolle Unterbringung und Betreuung der Menschen personalaufwendig; bei der Manpower haben wir gewisse Probleme. Darum sind wir auch den Bürgern, die sich ehrenamtlich für die Flüchtlinge engagieren, besonders dankbar.

hallo: Wie sieht dieses Engagement aus?
Erwig: Ein schönes Beispiel ist die Fahrradwerkstatt, die ja schon in den lokalen Medien und sogar im Fernsehen vorgestellt wurde. Einerseits ist es den Menschen wichtig, eine sinnvolle Beschäftigung zu haben, andererseits ist ein funktionsfähiges Fahrrad natürlich praktisch, wenn die Leute beispielsweise in Bierbergen untergebracht sind.
hallo: Die Fusion der Landkreise Peine und Hildesheim ist bekanntlich vom Tisch; Hohenhameln ist die einzige Peiner Gemeinde, in der dies mehrheitlich bedauert wird. Wie sehen Sie die Zukunft in Sachen Gebietsreform?
Erwig: Es gab ja einige Gedankenspiele aus dem Kreis Hildesheim, Hohenhameln dort einzugemeinden. Das ist meines Erachtens nicht umsetzbar. Der Kreis Peine als einer der kleinsten Niedersachsens und mit einer verhältnismäßig hohen Verschuldung würde daran vermutlich zerbrechen. Vechelde würde sich nach Braunschweig orientieren und Lengede nach Salzgitter, eventuell sogar Edemissen nach Gifhorn. Dann bliebe vom Landkreis Peine nicht viel übrig. Hinzu kommen noch politische Befindlichkeiten der Parteien, die die Sache noch komplizierter machen. Auf lange Sicht rechne ich schon damit, dass sich etwas ändert, eine Zerschlagung des Landkreises ist in den kommenden Jahren durchaus denkbar. Aber bis eine klare Ansage vom Land kommt, halte ich die Diskussion für politisches Geplänkel.
hallo: Was wünschen Sie sich für die Gemeinde in der näheren Zukunft?
Erwig: Im kommenden Jahr ist Kommunalwahl. Ich würde mir eine rege Beteiligung wünschen und auch, dass sich die Bürger noch mehr politisch in Parteien engagieren.
hallo: Herr Erwig, vielen Dank für das Gespräch.