Gifhorn: Beneidenswerter Job im Riesenkühlschrank!

Gifhorn: Beneidenswerter Job im Riesenkühlschrank!

Gifhorn. Kurze, angenehm kühle Phasen nach Regenfällen wechseln sich mit Gluthitze und Tagen von drückender Schwüle ab. Da kann es helfen, sich ein paar kühle Gedanken zu machen. Darum hat sich der Rundblick an einem der kältesten Arbeitsplätze in Gifhorn umgesehen: In den Kühlhäusern der Firma Gmyrek im Weilandmoor.

Die Qualität stimmt, das ist für Jürgen Fritsch und Kathrin Mittelstädt das Wichtigste. Wenn bei der Wurst alles in Butter ist, können sie auch die angenehme Kühle an ihrem Arbeitsplatz genießen.Photowerk

Einfach so reinspazieren in die Räume, wo die Fleisch- und Wurstprodukte der Gifhorner Firma Gmyrek produziert und deutschlandweit versandt werden – das geht nicht. Erst einmal muss die Ankunft eines Besuchers vermerkt werden, dann erhält er eine ausführliche Hygiene- und Sicherheitsbelehrung und wird „verpackt“: Ein Einmal-Overall, Plastiküberzüge für die Schuhe und ein Haarnetz sind zwar nicht der allerletzte modische Schrei, aber die Lebensmittel müssen vor allen äußeren Einflüssen geschützt werden.
„Das sind die Anforderungen des ‚International Food Standard‘ kurz IFS und der EU-Gesetzgebung“, erklärt Kathrin Mittelstädt, Beauftragte für Qualitätsmanagement bei Gmyrek. Der Gesetzgeber, in diesem Fall die EU, regelt dabei Aspekte wie die Gewährleistung der Sicherheit von Lebensmitteln. Den IFS, der die Latte weit höher legt als das Gesetz, haben sich Handel und Industrie gewissermaßen selbst auferlegt. Jürgen Fritsch, Leiter Versand und Logistik, erklärt: „Nehmen wir zum Beispiel eine deutschlandweit agierende Einzelhandelskette. Die verlangt von den Produzenten, dass sie die aktuellen IFS-Kriterien einhalten, sonst kaufen sie woanders.“
Hygiene, Produktsicherheit und eine stabile Kühlkette sind hierbei existentiell wichtige Aspekte, aber durchaus nicht die einzigen.
Dass Unbefugte keinen Zutritt erlangen ist ebenso unverhandelbar wie die Einhaltung der knapp 300 Anforderungskriterien, welche die Produktsicherheit gewährleisten.
Nach dem Händewaschen und -desinfizieren geht es dann in einen Kühlschrank der Superlative: Rund 1800 gekühlte der insgesamt 5000 Quadratmeter erlauben einen „Spaziergang“ bei erfrischenden 5 Grad Celsius – bei drückender Hitze draußen ein geradezu paradiesischer Ort. Und er wird wachsen: „Es ist eine Erweiterung um noch einmal 900 Quadratmetern geplant“, weiß Geschäftsführer Christoph Gmyrek zu berichten, „wir hoffen, noch in diesem Jahr anfangen zu können.“ Doch auch jetzt gibt es schon viel „Auslauf“ in der Kühle.
„Zwischen 4 und 6 Grad liegt das Temperaturfenster, in dem wir arbeiten“, so Fritsch. Die Ware wird verpackt, gewogen (diese Daten gehen für die Kunden und Filialen sofort online) und in Kisten auf Paletten gestapelt. Ist die Ladeklappe zu, übernimmt die interne Kühlung des Lkw die Aufrechterhaltung der Kühlkette.
Doch es geht noch kälter: Einige Rohwaren und Zwischenerzeugnisse werden bei –18 Grad gelagert. Fritsch öffnet die Schiebetür zum Tiefkühlraum, wo zwei Mitarbeiter Kisten auf Paletten verladen. „Es ist auch eine Frage der Gewöhnung“, erklärt er und zeigt auf die freien Unterarme seines Kollegen.
Alles ist relativ: Auf dem Rückweg fühlen sich die 5 Grad plötzlich an wie ein sonniger Morgen im Mai.
Draußen steht die Quecksilbersäule nahe der 40-Grad-Marke, wenige Meter entfernt ist das Klima sibirisch – verträgt der Kreislauf überhaupt solche Temperatursprünge von 60 Grad?  „Ich arbeite seit 30 Jahren hier, aber umgekippt ist meines Wissens noch keiner“, berichtet Fritsch.
Zu diesem Gewohnheitsfaktor kommt, dass die Mitarbeiter beim Verlassen der Tiefkühlräume einige „Temperaturzonen“ durchlaufen, bevor sie zum Beispiel zu den Pausen in die wärmeren Räume gelangen. Der menschliche Körper kann so etwas gut kompensieren wie Mittelstädt erklärt: „Die längste Zeit zum Akklimatisieren braucht die Brille“, sagt sie lächelnd und wischt beim Verlassen der Kältezone das Kondenswasser von den Gläsern.
Seinen Arbeitsplatz möchte Fritsch, der „Herr der Logistik“ bei Gmyrek, nicht eintauschen: „Im Sommer ist es angenehm kühl und im Winter ist es meist wärmer als draußen.“
Schade nur, dass so ein kurzer Abstecher ins Kälte-Paradies nicht an jedem Sommertag möglich ist.