OB-Wahl in Salzgitter: Ehemaliger Betriebsrat Hermann Fleischer will soziale Akzente setzen

OB-Wahl in Salzgitter: Ehemaliger Betriebsrat Hermann Fleischer will soziale Akzente setzen

Im Grunde hat es Salzgitter dem Exkanzler Gerhard Schrödre zu verdanken, das die Linken mit einem eigenen Kandidaten in die Oberbürgermeisterwahl ziehen. Die Hartz IV-Gesetze brachten den 63-jährigen Hermann Fleischer vor zehn Jahren  so auf die Palme, dass er in die Politik ging. Er würde im Rathaus deutlich sozialere Akzente setzen, wenn er denn gewählt würde. Die Salzgitter Woche stellt ihn vor.

Für Hermann Fleischer ein Lieblingsplatz in Salzgitter: der Neubau der Stadtbibliothek in Salzgitter-Bad.

Der Neubau der Stadtbibliothek am kleinen Rathaus in Salzgitter-Bad ist für Hermann Fleischer eine Art Vorzeigeprojekt lokaler Politik. „Die Menschen haben ja immer was zu diskutieren, aber damit sind alle einverstanden“, sagt der Oberbürgermeisterkandidat der Linken. Die moderne Glasfassade inmitten der Altstadt ist für ihn „gelungene Architektur“. Und das am Ende die Rotbuche stehen bleiben konnte, das Tüpfelchen auf dem i.

Mehr als für die Architektur interessiert ihn aber die Bibliothek an sich. Er freut sich über die neuen Lese-Ecken für die Kinder, die mit auf seine Initiative eingerichtet wurden. Auch wenn die SPD am Ende einen eigenen Antrag stellte, fand sein früherer Vorstoß das Ziel.
Für Fleischer ist das nicht ungewöhnlich. Er hat nichts dagegen, wenn Ideen aus seiner Fraktion oder Partei am Ende im Programm von anderen landen oder umgesetzt werden. Die Buslinie von Bad nach Calbecht oder die Schülerfahrkarten nennt er als Beispiele. Am Wahlstand klopft ihm denn auch manch Unbekannter auf die Schulter, lobt seine Vorschläge im Rat oder Orstrat. „Nur wählen könnten sie mich nicht, weil ich ja in der Linken bin“, sagt Fleischer, für den Kommunalpolitik nicht an Parteigrenzen enden sollte.

Die Bekanntheit, die er in den acht Jahren als Politiker gesammelt hat, überrascht den gelernten Starkstromelektriker auch heute noch. Er ist ein echter Badenser, lernte nach dem Realschualabschluss in der Hütte. Es folgten Bundeswehr und das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg. Doch ein Studium trat er nie an.

Stattdessen heuerte er bei der Firma Elkosta in Salzgitter-Bad an, kümmerte sich um Grundstücksicherungsanlagen, erst in der Montage, dann in der Ausbildung. Weil er schon in der Lehre als Jugendvertrauensmann tätig war, warb ihn die IG Metall an. Fleischer rückte ein in den Betriebsrat, war 25 Jahre Vorsitzender. Bis das Unternehmen an einen schwedischen Konzern verkauft und 2005 die Produktion eingestellt wurde. Der Kampf um den Sozialplan und die Entlassugnen gingen ihm an die Nieren. Fleischer: „Ich musste jede Kündigung mit unterschreiben, das wünsche ich keinem.“

Zu der Zeit hatte er den Weg in die Politik schon gefunden. Gerhard Schröder und dessen Hartz-IV-Gesetze hatten ihn dazu gebracht, die WASG in Salzgitter mit zu gründen. Die Lohn- und Rentenkürzungen wollte er sich nicht gefallen lassen. Seit 2006 sitzt er im Rat, mittlerweile ist er für die Linke als Fraktionsvorsitzender und -geschäftsführer tätig und sieht sich durchaus als Politprofi. „Ich muss mich mit allen Dingen beschäftigen. Das ist ein Fulltimejob.“

Täglich ist er im Rathaus, kennt sich in allen Fachgebieten aus, schließlich sitzen die Linken nur zu zweit im Rat. „Ich habe fast alle Ausschüsse begleitet und weiß mittlerweile, wie eine Verwaltung tickt“, sagt Fleischer, der sich trotz seiner 63 Jahre „fit genug“ fühlt für  den Spitzenjob. „Andere gehen in Rente und hängen sich dann  ehrenamtlich richtig rein.“

Zwar nimmt er das Wort nur ungern in den Mund, aber seine Mentalität als „Aktenfresser“ hat ihm auch die Kompetenz verschafft, dass er sich die Aufgabe als Oberbürgermeister zutraut. Vor einem halben Jahr hatte er sich erstmals mit dem Gedanken befasst, bei der OB-Wahl anzutreten. Die Linke wählte ihn dann einstimmig. Frank Klingebiel und auch Sabine Fricke fehlt es in seinen Augen an sozialer Ausrichtung.

Die würde er als OB dem Amt geben. Betriebe der Daseinsvorsorge wie Klinikum oder die WEVG gehören für ihn in öffentliche Hände. In einer Flächenstadt wie Salzgitter sei ein Solzialticket für den Nahverkehr unbedingt nötig. Bisher scheiterte seine Fraktion damit. „Das finde ich herzlos.“ Ähnlich sieht es beim Sozialpass, für den sich ein Oberbürgermeister Fleischer stark machen würde.

Eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit, ob es am 25. Mai dazu kommt, gibt er nicht – aber ein zweitstelliges Ergebnis wäre für die Linken nach 3,8 Prozent bei der Kommunalwahl und 7,1 Prozent bei der Landtagswahl schon ein großer Erfolg.