Wolfsburg vor 25 Jahren: Als die Mauer aufging

Wolfsburg vor 25 Jahren: Als die Mauer aufging

Wolfsburg. Der Menschenstrom in der Wolfsburger Innenstadt nimmt kein Ende: Tausende Besucher laufen die Straßen entlang, schauen sich um, kaufen ein und sind einfach überwältigt von dem, was sich am 9. November 1989 ereignet hat: Die Grenze zwischen Ost und West ist offen. So richtig glauben können viele das bedeutende historische Ereignis erst, als sie in der Volkswagenstadt zum ersten Mal westdeutschen Boden betreten. Das war vor fast genau 25 Jahren.

Dieses Mädchen scheint kurz nach der Ankunft am Wolfsburger Hauptbahnhof noch unsicher zu sein, was es im Westen erwartet. Manfred Hensel (2)

Die Euphorie und die Freude der Menschen überwog die Strapazen der Anreise mit dem Auto oder im Zug. Fünf Stunden hatte es beispielsweise am ersten Wochenende nach der Maueröffnung am Grenzübergang Salzwedel-Wolfsburg gedauert. Plötzlich war möglich, was sich so viele Menschen so lange erträumt hatten. Einfach spontan herüberfahren, sich einen Teil der Bundesrepublik anschauen oder sogar Freunde besuchen.
Eine der ersten Anlaufstellen war für viele der damaligen DDR-Bürger das Wolfsburger Rathaus. Dort gab es für jeden Besucher 100 DM Begrüßungsgeld. „Besonders groß war der Ansturm  am Sonnabend und die Stimmung fröhlich-laut“, erinnert sich Konrad Minge, der 1989 Abteilungsleiter beim Sozialamt war. Lang war die Schlange der Menschen, die geduldig auf die Auszahlung des Geldes warteten. Für die Mitarbeiter eine große logistische und personelle Herausforderung: „Als die vorrätigen Scheine ausgezahlt waren, musste neues Geld beschafft werden“, sagt Minge. 6000 Menschen erhielten nach seinen Worten allein an jenem Samstag nach der Grenzöffnung ihr Begrüßungsgeld.
Das nutzten viele direkt für einen Einkaufsbummel in Wolfsburg. Südfrüchte, Drogerieartikel, Unterhaltungselektronik und Jeans fanden in den Kaufhäusern und Geschäften besonders großen Absatz. Einige Marktbeschicker boten auch am Sonntag vor allem Früchte an.

Viele damalige DDR-Bürger nutzen die Gelegenheit zu einem Einkaufsbummel. Besonders beliebt waren Südfrüchte.

Die vielen Neuankömmlinge wurden vom Technischen Hilfswerk und Deutschen Roten Kreuz betreut und mit Brötchen, Tee und Kaffee versorgt. Rund 230 Besucher, die noch nicht zurück in die Heimat wollten, verbrachten  ihre erste Nacht im Westen übergangsweise auf einem Feldbett im DRK-Heim am Walter-Flex-Weg oder im Schulzentrum „Im Eichholz“.
Abseits von Stadtverwaltung und Hilfsorganisationen suchten viele Wolfsburger nach eigenen Wegen, sich auf die Gäste einzustellen. Spontan erklärten sich Familien bereit, Besucher über Nacht aufzunehmen oder luden zum Kaffee ein.