VW streicht bis zu 7000 Stellen: Vor allem Wolfsburg betroffen
Stellten die Pläne vor: Marken-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann, VW-COO Ralf Brandstätter und Marken-Finanzchef Arno Antlitz bei der Jahrespressekonferenz der Marke Volkswagen.

VW streicht bis zu 7000 Stellen: Vor allem Wolfsburg betroffen

Wolfsburg. Die Marke VW Pkw will in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 5000 bis 7000 Stellen streichen. Das Unternehmen will Routineaufgaben in der Verwaltung automatisieren und unter anderem auch damit ab 2023 eine Gewinnverbesserung von 5,9 Milliarden Euro jährlich erzielen. Stellen sollen beim altersbedingten Ausscheiden von Mitarbeitern nicht neu besetzt werden. Der Betriebsrat sieht die Pläne allerdings kritisch, auch von der IG Metall kommt Gegenwind.
Der Stellenabbau „betrifft natürlich vor allem Wolfsburg, weil wir in Wolfsburg die großen Verwaltungsbereiche haben“, sagte der bei der Marke VW für das Tagesgeschäft zuständige Manager Ralf Brandstätter bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Demnach sollen Jobs in klassischen Verwaltungstätigkeiten wie Finanzen, Beschaffung und Personalwesen wegfallen, aber auch in den indirekten Bereichen der Produktionswerke.
Am Konzernsitz in Wolfsburg arbeiten mehr als 40.000 Mitarbeiter in der Verwaltung und anderen Bereichen, die nicht direkt mit der Produktion zu tun haben. Insgesamt beschäftigt VW am Standort Wolfsburg rund 63.300 Mitarbeiter.
Für die Altersteilzeit kommen laut VW „in den nächsten drei Geburtenjahrgängen“ von 1962 bis 1964 rund 11.000 Mitarbeiter in Frage. „Ein Umbau über Vorruhestandsregelungen ist so möglich“, sagte Brandstädter. Im Gegenzug will VW aber auch 2000 neue Arbeitsplätze in der Technischen Entwicklung schaffen, wo es um Elektronikarchitektur und Software geht.
Betriebsratschef Bernd Osterloh stellte klar: „Bei Volkswagen werden nur Arbeitsplätze abgebaut, wenn die Tätigkeit dahinter tatsächlich wegfällt. Einer Fremdvergabe werden wir nicht zustimmen.“ Der Betriebsrat sehe die Aussagen der Unternehmensseite zu den 5000 bis 7000 Arbeitsplätzen daher sehr kritisch. Denn den Arbeitnehmervertretern sei keine Herleitung dieser Größenordnung bekannt. „Der Vorstand ist bisher nicht in der Lage, eine Erklärung zu diesen Zahlen zu liefern. Fakt ist: Hirngespinste von externen Unternehmensberatungen werden wir nicht akzeptieren“, betonte Osterloh.
Außerdem lehnt es der Betriebsrat ab, Altersteilzeitangebote für den geplanten Personalabbau auf die Verwaltung zu begrenzen. „Der Vorstand hat sich bisher geweigert, die Jahrgänge nach 1961 für die Altersteilzeit freizugeben, obwohl viele Kolleginnen und Kollegen nach einem langen und harten Arbeitsleben darauf warten. Gut, wenn sich das jetzt endlich ändert“, sagte Osterloh. Allerdings könne es aus Sicht der Arbeitnehmervertreter keinen Unterschied zwischen Verwaltung und Produktion geben. „Der Betriebsrat will nicht, dass der Vorstand eine Zwei-Klassen-Belegschaft einführt“, betonte Osterloh und ergänzte: „Für uns gibt es nur eine Belegschaft, nämlich die von VW.“
Personalvorstand Gunnar Kilian erläuterte, dass eine Altersteilzeit für die Jahrgänge nach 1961 bislang nur für die Verwaltung angedacht sei. Dabei werde gemeinsam mit dem Betriebsrat „Bereich für Bereich“ ein Plan erarbeitet. Über eine Ausweitung der Altersteilzeit auf die Beschäftigten in der Produktion habe es bislang noch keine Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern gegeben. Aktuell werde auch kein weiterer Personalabbau über die laufenden Streichungen und die neuen Pläne hinaus angepeilt.
Hintergrund ist, dass VW derzeit viel Geld in moderne IT-Systeme investiert. Das eröffnet Spielraum für das Management, über Stellenstreichungen Kosten zu sparen. In die Umsetzung einer so genannten Digitalisierungs-Roadmap sollen 4,6 Milliarden Euro fließen. „Mit der Digitalisierungs-Roadmap wollen wir unsere Mitarbeiter für die Arbeitsplätze der Zukunft qualifizieren. Außerdem wollen wir Prozesse in der Verwaltung noch stärker digitalisieren und damit deutlich effizienter werden“, sagte VW-COO Ralf Brandstätter.
Im Herbst 2016 hatte VW mit der Arbeitnehmerseite bereits das große Sparprogramm „Zukunftspakt“ verabredet, das bis Ende 2020 läuft. Es sieht den weltweiten Abbau von 30.000 Stellen vor, 23.000 davon in Deutschland. Im Gegenzug sollen 9000 Arbeitsplätze in Zukunftsbereichen wie der Softwareentwicklung neu entstehen. Bisher hat das Unternehmen in diesem Rahmen netto 6300 Stellen abgebaut.
Für Wolfsburgs IG-Metall-Chef Hartwig Erb ist der angekündigte weitere Stellenabbau bei VW „nicht nachvollziehbar“, da noch nicht einmal die Vereinbarungen aus dem Zukunftspakt umgesetzt seien. „Das ist natürlich ein Schlag ins Kontor und eine Größenordnung, die wir so nicht unbedingt erwartet haben“, sagte Erb. Er kündigte Widerstand an, falls Aufgaben „mit der Rasenmähermethode“ digitalisiert werden sollten und die verbliebenen Mitarbeiter die Mehrbelastungen zu tragen hätten.