Umweltaktivisten stoppen Zug, blockieren Gleise und Kanal in Wolfsburg
Spektakulär: Umweltaktivisten seilten sich von einer Brücke, ein Großaufgebot der Polizei holte sie runter. Photowerk

Umweltaktivisten stoppen Zug, blockieren Gleise und Kanal in Wolfsburg

Wolfsburg. Rund 40 Umweltaktivisten hielten am Montag Volkswagen, Einsatzkräfte der Polizei, Vertreter von Deutscher Bahn sowie Wasser- und Schiffahrtsamt nahe der Tappenbecker Landstraße auf Trab. Sie stoppten zunächst einen Zug, der 120 Neuwagen von VW transportierte, sechs Aktivisten ketteten sich dann an die Gleise, vier andere seilten sich von der Brücke ab und hingen über dem Mittellandkanal. Damit blockierten sie stundenlang die Zugverbindung ins Werk und den Kanal.
Es gab noch weitere Aktionen: eine Kundgebung in der Innenstadt und in der Autostadt kletterten Aktivisten in den Globus, der über der Piazza hängt, und blieben dort sogar die Nacht über. Ziel all dieser Aktionen: Die locker formierte Gruppe fordert eine Verkehrswende und wollte mit den Aktionen in Wolfsburg publikumswirksam auf die klimaschädlichen Auswirkungen von Autos aufmerksam machen. „Wir wollen keine Autos mehr“, sagen die jungen Leute. Auch keine E-Autos.
Gegen 12 Uhr ging die Protestaktion an den Bahngleisen los: Mit Fackeln in der Hand stoppten die Aktivisten zunächst den Zug. Wie bei den Castor-Transporten ketteten sich einige Aktivisten an die Gleise, andere seilten sich von der Brücke ab und entfalteten Plakate mit Aufschriften wie „Block VW“.
Die Polizei ließ die Protesler zunächst gewähren. Um 17 Uhr begannen dann SEK-Spezialkräfte und Polizei mit der Räumung. Zuerst wurden die drei Männer und die eine Frau, die sich von der Brücke abgeseilt hatten, geholt: Ein Schiff der Schiffahrtspolizei fuhr unter die Brücke, Spezialkräfte, die auf dem Gleis unterwegs waren, seilten die Protestler vorsichtig ab auf das Boot. Das Problem: Die vier Aktivisten hatten sich an einem einzigen Seil gemeinsam befestigt. Wäre einer in den Kanal gefallen, wären die anderen auch gefallen.
Soweit kam es nicht. Alles lief problemlos. Die Aktivisten ließen sich an Bord des Schiffes brav festnehmen und ermunterten die Medienvertreter sogar, die Festnahme zu fotografieren und zu filmen. So stressfrei wie die Festnahme lief, lief die komplette Aktion. „Die Aktivisten waren entspannt – wir auch“, sagt Polizeisprecher Sven-Marco Claus.
Bevor die Räumung begann, sprach die Polizei mit den Umweltaktivisten über Megaphon. Sie forderte die jungen Leute auf, freiwillig Gleise und Brücke zu verlassen. Doch nichts passierte. Erst gegen 17 Uhr kam Bewegung in die Sache. „Wir merkten sehr schnell, um was es ihnen geht“, erklärt Sven Marco Claus. Die Gruppe wollte Aufmerksamkeit. Und die bekam sie.
Es war ein Riesen-Einsatz, der stundenlang dauerte. Zuerst waren es nur wenige Polizisten an der Tappenbecker Landstraße, später kamen von der Bereitschaftspolizei Braunschweig und Hannover weitere hinzu. Am Ende waren es rund 120 Beamte. Räumfahrzeuge, aber auch Fahrzeuge mit spezieller Technik an Bord waren vor Ort. Diese war nötig, um die angeketteten Protestler von den Gleisen zu flexen.
Nicht nur die Zahl der Einsatzkräfte nahm zu, auch die der Schaulustigen. Nicht wenige Autofahrer filmten die Protestaktion aus ihrem Fahrzeug heraus.
Stundenlang war der Mittellandkanal für die Schiffahrt gesperrt. „Elf Schiffe, die von Westen nach Osten unterwegs waren, konnten nicht weiterfahren“, sagt Carmen Müller, Leiterin der Außenstelle des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Vorstelde. Außerdem saßen acht weitere Schiffe in Wolfsburg fest.
Auch auf dem Zubringergleis von VW ging stundenlang nichts. Das habe aber keine Folgen gehabt, sagt Volkswagen. „Nach bisherigem Stand haben die Aktionen keine Auswirkungen auf die Produktion und Auslieferungen von Fahrzeugen“, so Günter Scherelis, Communications Environment and Sustainability bei VW.
Der Konzern sei offen für Gespräche mit Umwelt-Aktivisten. „Der Volkswagen Konzern lädt regelmäßig Stakeholder-Gruppen und Umweltschutzorganisationen zu einem kritischen Dialog zu nachhaltiger Mobilität ein und bietet damit eine geeignete Plattform für die inhaltliche Auseinandersetzungen bei kontroversen Standpunkten“, so Scherelis. In der Autostadt wollten die Aktivisten nicht mit Volkswagen sprechen.