
Haushalt in Salzgitter: OB soll nachsitzen
Zoff um die Finanzen im Rat Salzgitter. Die Mehrheit aus SPD und Grüne hat den Haushaltsentwurf 2012 des Oberbürgermeisters Frank Klingebiel (CDU) durchfallen lassen, ohne groß ein Wort darüber zu verlieren. Wegen der geplanten Steuererhöhungen beschlossen die beiden Fraktionen mit Unterstützung der Linken und MBS, den Etat erst gar nicht zu beraten. Die Verwaltung wurde aufgefordert, das Zahlenwerk zu überarbeiten und neu einzubringen. Klingebiel sieht dazu keinen Anlass und wird unterstützt von der CDU/FDP-Fraktion, die den Vorgang kritisiert.

Die Stadtverwaltung in Salzgitter schlägt im neuen Haushaltsentwurf unter anderem vor, die Grundsteuer B anzuheben. Enfamilienhausbesitzer müssten dann etwa 40 Euro mehr zahlen im Jahr. Doch die Ratsmehrheit fordert einen Etat ohne Steuererhöhung. bk
Das hat auch ein alter Politfuchs wie Rolf Stratmann (CDU) noch nicht erlebt. Den für ihn „völlig überraschenden“ Beschluss der Mehrheit aus SPD und Grüne, den Oberbürgermeister mit seinem Entwurf nachsitzen zu lassen, kann der Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion nicht nachvollziehen. „Das hatten wir noch nie“, sagt er verständnislos. Er sieht die Entscheidung als Affront gegen den OB und die Verwaltungsspitze, wirft SPD und Grünen „Machtspielchen“ vor.
Diese nennen einen anderen Grund für ihr kategorisches Nein: die geplanten Steuererhöhungen um jeweils 40 Punkte bei den Grundsteuern A und B sowie der Gewerbesteuer. Diese brächten der Stadt zusätzlich 8,3 Millionen Euro für den ohnehin defizitären Haushalt.
Für SPD-Fraktionschef Stefan Klein muss es auch ohne gehen. Er hält die geplanten Erhöhungen für falsch. Sie würden den Bürger und den Mittelstand direkt treffen, den wirtschaftlichen Aufschwung bremsen. Die Sätze in Salzgitter bewegten sich dann auf einem Niveau mit Braunschweig. Klein: „Das können wir keinem verkaufen.“
Zudem sieht seine Partei dafür auch keine Notwendigkeit. „Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem.“ Für die Fraktionen sei nicht klar, wo die zusätzlichen Ausgaben anfallen. Zwar unterstützen SPD und auch Grüne den Leitlinienprozess für eine kinder- und familienfreundliche Stadt. Doch angesichts der Finanzlage „müssen wir nicht alles sofort machen“, sagt Klein. Die Entscheidung, jede Diskussion von vorne herein abzulehnen, will er als „frühzeitiges Signal“ verstanden wissen. Der OB habe nun die Chance, zügig einen neuen Entwurf ohne Steuererhöhung vorzulegen. Klein rechnet noch im März oder April damit.
Ob sich Klingebiel mit Kämmerer Ekkehard Grunwald tatsächlich nochmal hinsetzt und alles neu durchrechnet, dürfte vor allem von einer Antwort aus Hannover abhängen. Der OB hat das Innenministerium gebeten, den Vorgang rechtlich zu prüfen. Er selber sieht nämlich seine Pflicht mit der Vorlage als erfüllt an und keinen Anlass, schon vor der Beratung den Entwurf zu überarbeiten.
Eine Rechtsposition, bei der ihn CDU und FDP unterstützen. Zwar sieht auch Fraktionschef Stratmann die vorgeschlagenen Steuererhöhungen skeptisch, aber darüber wäre in der Beratung zu reden gewesen. Er fürchtet, dass sich durch die Blockadehaltung die Haushaltsberatungen bis in den Herbst hinein verschieben könnten.
SPD-Sprecher Klein ist da gelassener. Trotz des einmaligen Vorgangs dürfte es dem Rat gelingen, vor den Sommerferien einen Haushaltsplan zu verabschieden.
Sicher ist: Der Schuldenberg wächst weiter
Egal wie die Debatte um den Haushalt weitergeht: Es steht nicht gut um die Finanzen Salzgitters, wie der vorgelegte Entwurf deutlich macht. Danach übersteigen die geplanten Ausgaben (295,9 Mio) im Ergebnishaushalt deutlich die Einnahmen (276,5 Mio). Laut OB Frank Klingebiel ist „trotz kritischer und sparsamer Haushaltsplanung ein Ausgleich nicht möglich“. Die Neuverschuldung liege bei rund 19 Millionen Euro. Eingerechnet ist dabei schon die umstrittene Erhöhung der Hebesätze um je 40 Punkte für die Grundsteuern A (auf 390) und B (auf 470) sowie Gewerbesteuer (auf 450). Rund 8,3 Millionen Euro kommen nach Berechnungen der Kämmerei dadurch zusätzlich in die Kasse. Die Gesamtschulden der Stadt steigen von 328 auf geschätzte 357 Millionen Euro. Die Stadtverwaltung verteidigt die Erhöhungen als „moderat“. Ein Einfamilienhaus-Besitzer würde künftig etwa 470 statt 430 Euro jährlich Grundsteuer zahlen. Die Sätze für Gewerbesteuer sowie die Grundsteuern A und B seien seit 2002 beziehungsweise 1996 nicht angepasst worden.
rwe