Peiner Serie: hallo Herr Bürgermeister

Peiner Serie: hallo Herr Bürgermeister

Landkreis Peine. Die Stadt und sechs Gemeinden im Landkreis – das sind sieben Gebietseinheiten, in denen ganz unterschiedliche Dinge die Menschen bewegen. hallo Peine wird in den kommenden Ausgaben in loser Folge mit den sieben Bürgermeistern sprechen und Themen ansprechen, die vielen Bürgern am Herzen liegen. Den Anfang macht der Bürgermeister der Stadt Peine.
Im Oktober kommenden Jahres nimmt Peines Bürgermeister Michael Kessler Abschied aus dem Rathaus. hallo Peine unterhielt sich mit dem engagierten Bürgervertreter über die Vergangenheit, aktuelle Lokalthemen und seinen Ausblick auf den Ruhestand.

hallo: Was sind die Gründe dafür, dass sie in eineinhalb Jahren das Bürgermeisteramt abgeben?
Kessler: Zunächst einmal bin ich 66 Jahre alt und freue mich auf mehr Freizeit. Zwar bin ich für sieben Jahre gewählt worden, aber die Amtszeit des Bürgermeisters und die Wahlperioden des Stadtrates sollen synchronisiert werden. Darum habe ich vor der Wahl angekündigt, zu diesem Zeitpunkt zurückzutreten. Dann wird meine Amtszeit zehn Jahre betragen – Zeit für jemand anderes, das Amt zu übernehmen.

hallo: Was hat Ihnen in den vergangenen Jahren in Ihrem Amt am meisten Spaß gemacht, Sie am meisten beeindruckt?
Kessler: Insgesamt ist das Bürgermeisteramt eine sehr vielfältige Aufgabe. Ich hatte das Glück, eine sehr gute Verwaltung übernehmen zu können und kann konstatieren, dass mir die Zusammenarbeit im Haus viel Freude macht. Im Übrigen verbindet sich mit dem Amt eine breite Palette an Aufgaben, die sich beispielsweise von der Wirtschaftsförderung über die Integration bis zu repräsentativen Aufgaben erstreckt. Außerdem hat man die Chance, sich für seine Stadt einzusetzen. Am Rande lernt man zudem interessante Leute kennen.

hallo: Und wie sieht es mit Negativerfahrungen aus? Was sind die Schattenseiten?
Kessler: Die wenige Freizeit. Es vergeht kaum ein Wochenende, an dem ich keine Termine wahrzunehmen habe. Dies auch als Hinweis an meinen Nachfolger: Als Bürgermeister braucht man einen Partner, der den großen Zeitaufwand toleriert. Mit meiner Frau habe ich dieses Glück.
Sie sprachen davon, dass man als Bürgermeister sicher häufig angesprochen werde und nicht in Ruhe durch die Stadt gehen könne – ich muss sagen, dass mich dies überhaupt nicht stört, ich sehe das sogar positiv. Die Leute sollten keine Hemmungen haben, sich mit ihren Wünschen und Sorgen an den Bürgermeister zu wenden. Darum bin ich auch gerne auf dem Markt oder in der Stadt – dort hört man Vieles, was ich im Rathaus nicht mitbekomme.

hallo: Sie sprachen die Integration an, ein Thema, das Ihnen sehr am Herzen liegt.
Kessler: Richtig. In Peine leben rund 20 Prozent Migranten, also nicht Flüchtlinge, sondern Mitbürger, die schon seit Jahrzehnten hier wohnen. Da ist es wichtig, die Menschen so zu begleiten, dass sie fester Bestandteil der Gemeinschaft werden können. Zuvorderst betrifft das die Sprache, aber auch berufliche Qualifikationen. Und es ist wichtig, Barrieren abzubauen, Unterschiede zu schätzen und verschiedene Religionen zu akzeptieren. Dafür sind regelmäßige Begegnungen hilfreich; wir stehen auch zum Beispiel in engem Kontakt zu den Moscheen vor Ort.
Am 6. Juni findet an der City-Galerie auch wieder das Fest der Kulturen statt, eine Veranstaltung, die übrigens im Vorfeld einer NPD-Demonstration ihren Anfang genommen hat. Inzwischen ist das Fest eigenständig und bietet viel Raum für Begegnungen.

hallo: Bisher kam Peine immer ohne Schulden aus. Diese Zeiten haben sich geändert. Wie sehen Sie die finanzielle Zukunft der Stadt?
Kessler: Für die Einnahmen spielt die Gewerbesteuer eine beachtliche Rolle. Die frühere Dominanz des größten Arbeitsgebers Salzgitter AG, natürlich in guten Zeiten auch als Gewerbesteuerzahler, ist Zug um Zug geschmolzen. Deshalb haben meine Vorgänger mit großem Kraftakt neue Betriebe angesiedelt und vor allem Gewerbegebiete gekauft, deren Größe uns heute noch zu Gute kommt, weshalb ich die Ansiedlungen weiter vorantreiben konnte. Dass Peine seit der Wende plötzlich im Herzen Europas liegt, kam uns dabei natürlich zugute.
Noch gibt es keine Kreditverbindlichkeiten aus dem Kernhaushalt. Aber durch Investition in Schulen und für die Unterbringung von Flüchtlingen wird sich eine leichte Verschuldung der Stadt nicht vermeiden lassen. Trotzdem sind wir im Vergleich zu anderen Städten gut aufgestellt und konnten unseren Verpflichtungen in der Erhaltung einer guten Infrastruktur nachkommen.

hallo: Der Stadt gehört der  größte Teil des ehemaligen Hertie-Areals, das zurzeit leer steht. Wie geht es dort weiter?
Kessler: Die Stadt hat einen Investor ausgesucht, der gerade ein Konzept zur Belebung der Fläche erarbeitet. Das Ziel ist es, dort Geschäfte anzusiedeln, die mehr Kunden in die Innenstadt ziehen. Wichtig ist dabei, dass diese mit den bestehenden Geschäften möglichst eine gemeinsame Handelslandschaft bilden.
Immerhin muss ein Investor mit einer Investitionssumme von rund 40 Millionen Euro rechnen und benötigt somit Handelsunternehmen, die einen längeren Mietvertrag unterschreiben. Das ist in Zeiten des Internethandels nicht einfach. In den kommenden Wochen wird der Investor den aktuellen Sachstand vorlegen.

hallo: Wie sehen Sie den Plan, den „Weißen Schwan“, der ebenfalls im Besitz der Stadt ist, an Peine Marketing zu vermieten, immerhin eine städtische Tochtergesellschaft?
Kessler: Mir wäre es nach wie vor am liebsten, wenn wir einen Gastronomen gefunden hätten, der den „Weißen Schwan“ betreibt. Den haben wir aber trotz unendlicher vieler Gespräche und Bemühungen nicht gefunden – mal scheiterte es an mangelndem Konzept, mal an der finanziellen Ausstattung und letztendlich muss man zugeben, dass die denkmalschutzrechtlichen Gegebenheiten für einen Gastronomiebetrieb suboptimal sind.
Peine Marketing als Mieter ist nach gastronomischer Nutzung die beste Variante. Ein weiterer Leerstand würde hohe Kosten verursachen und nichts einbringen. Das musste verhindert werden.
Außerdem gehört Peine Marketing in die Innenstadt. Dort werden der Peine-Gutschein, Souvenirs und mehr verkauft, dafür ist der bisherige Standort an der Goethestraße nicht so gut geeignet. Auch Veranstaltungen für die Bürger sind bisher nicht möglich, der „Weiße Schwan“ bietet sich mit den Gasträumen und dem schönen Innenhof für kulturelle Events an.

hallo: Sprechen wir über Ihre Zukunft. Was haben Sie ab dem Spätherbst 2016 vor? Fürs Nichtstun sind Sie ja nicht der Typ, oder?
Kessler: Eigentlich kommt die Frage etwas früh, da ich ja noch anderthalb Jahre im Amt bin – aber ich will nicht ausweichen: Auf viel Zeit und Ruhe freue ich mich natürlich schon. Ich habe vor, mehr zu lesen (lächelt) und damit meine ich nicht die Verwaltungskorrespondenz. Wenn ich gesund bleibe, möchte ich gern mehr verreisen und auch ein Seniorenstudium Richtung Geschichte könnte ich mir gut vorstellen. Allem voran möchte ich mich aber mehr meiner Familie widmen. Seit fünf Monaten habe ich eine Enkeltochter und freue mich schon sehr darauf, sie groß werden zu sehen.
hallo: Vielen Dank für das Gespräch.