"Horrorvorstellung": Peiner Apothekerin warnt vor gefällschten Arzneimitteln

"Horrorvorstellung": Peiner Apothekerin warnt vor gefällschten Arzneimitteln

Peine. Der Handel mit gefälschten Medikamenten floriert und dies weltweit. Immer wieder werden gestreckte oder völlig wirkungslose Arzneien in den Handel geschleust und kommen so auch in Apotheken. Selbst vor der Manipulation so lebenswichtiger Produkte wie zum Beispiel Mittel zur Krebstherapie oder zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen wird kein Halt gemacht. Wie die aktuelle Situation in der Region Peine ist und ob Gefahren für den Verbraucher bestehen, wollte hallo Peine genau wissen und fragte bei der Sprecherin der Peiner Apotheken und Inhaberin der Hirsch Apotheke, Christine Büchner, nach.
„Gefälschte Arzneimittel sind für Hersteller, Handel und Apotheken gleichermaßen eine Horrorvorstellung. Und erst recht natürlich für den Verbraucher. Dieser vertraut auf die angegebene Wirkung eines Mittels. Im besten Fall sind die Fälschungen wirkungslos, können jedoch auch schwerwiegende Folgen haben, da die Tabletten oder die Tropfen eventuell nur wenige oder überhaupt keine Wirkstoffe enthalten und darüber hinaus auch noch verunreinigt sein können“, sagt Büchner.

Nach Meinung von Christine Büchner gehen die größten Gefahren für die Verbraucher vom Handel mit Medikamenten im Internet aus. Gemäß den Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind 50 Prozent der online erworbenen Medikamente vermutlich gefälscht. Die Mittel kommen häufig aus nicht eindeutig erkennbaren Kanälen und auch die Lieferkette, die solche Arzneimittel durchlaufen, ist oft nicht nachvollziehbar. So warnt auch die Apothekenkammer Niedersachsen vor Medikamenten-Käufen im Netz und begrüßt eine neue EU-Richtlinie, die es Fälschern deutlich erschweren wird, Medikamente in die Lieferkette der Apotheken vor Ort einzuschleusen.

Christine Büchner dazu: „Keine Regel ohne Ausnahme. So kann man natürlich per Internet Medikamente bei persönlich bekannten Apotheken bestellen. Auch bei den sogenannten Versandapotheken gibt es ein hohes Maß an Sicherheit. Sie müssen jedoch über eine sogenannte Versandhandels-Erlaubnis verfügen. Ausdrücklich warnt Christine Büchner: „Hände weg, wenn Sie bei rezeptpflichtigen Medikamenten nicht nach einem Rezept gefragt werden oder eine Online-Konsultation eines Arztes angeboten wird.“  Büchner stellt darüber hinaus klar, dass der Versand von Medikamenten aus dem außereuropäischen Ausland an Kunden in Deutschland verboten ist.

Nach Einschätzung von Walter Schwerdtfeger, er war bis Ende Juli oberster Prüfer beim Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), liegt der Anteil gefälschter Präparate in deutschen Apotheken und Kliniken allerdings „noch unter einem Prozent“.  Hier sind es insbesondere die Reimporte und andere aus dem Ausland eingeführte Medikamente, die genau geprüft werden müssen.

Die Einnahme manipulierter Tabletten oder Tropfen kann verheerende Wirkungen haben. Mittlerweile sind nicht nur sogenannte Lifestyle-Präparate wie Potenz-, Haarwuchsmittel oder Schlankmacher von Fälschungen betroffen, sondern auch lebenswichtige Medikamente für die Behandlung von Herz-, Krebs- und HIV-Patienten. Selbst wenn ein gefälschtes Krebsmittel lediglich eine an sich ungefährlich Substanz enthält, kann dies lebensbedrohend sein, da die Bekämpfung der Krankheit erfolglos bleibt.

Büchner: „Patienten, die ihre Medikamente in Apotheken vor Ort beziehen, können darauf vertrauen, dass sie sichere Arzneimittel erhalten.“ Grund für das hohe Maß an Sicherheit seien die klar definierten Vertriebswege eines Medikamentes. Vom Hersteller gelangen diese direkt oder über den Pharmagroßhandel in die Apotheken. Aus diesem Grund seien effektive Kontrollen an allen Stellen möglich. Büchner: „Falls es den Verdacht einer Fälschung geben sollte, wird die Lieferkette sofort unterbrochen.“ Darüber hinaus gibt es sogenannte Rote-Hand-Briefe vom Hersteller eines Präparates. Sie informieren die Apotheken, wenn ein bestimmtes Medikament gestohlen wurde oder Qualitätsmängel aufweise. „Dann sind wir verpflichtet, diese Mittel sofort vom Markt zu nehmen.“

Zudem sind die Apotheken gesetzlich verpflichtet, in regelmäßigen Abständen eigene Kontrollen durchzuführen. Dabei wird sowohl die Verpackung als auch der Inhalt untersucht. Die Apotheker achten auf Unregelmäßigkeiten der Beschriftung oder aufgebrachter Aufkleber genauso wie auf die Farbe der Medikamente, deren Gleichförmigkeit sowie zum Beispiel bei Lösungen auf Ausflockungen, Trübungen oder Verfärbungen.

Trotz des dichten Netzes von Kontrollen rät Christine Büchner allen Verbrauchern zur Aufmerksamkeit: „Schon bei kleinsten Auffälligkeiten sollte sich jeder mit seiner Apotheke in Verbindung setzen und um Klärung bitten.“

Hartmut Heuer