Reinhold Messner im Rundblick-Interview über Grenzgänge und Langeweile

Reinhold Messner im Rundblick-Interview über Grenzgänge und Langeweile

Wolfsburg. Er stieg auf die höchsten Berggipfel der Erde und durchquerte riesige Sandwüsten. Das Leben des gebürtigen Südtirolers Reinhold Messner ist von vielen extremen Erfahrungen geprägt. In seinem Vortrag „Leben am Limit“ berichtet der 69-Jährige am 20. Januar um 20 Uhr im CongressPark über seine Expeditionen und private Dinge wie seine Heimat, Freundschaft, Familie und Egoismus. Vorab sprach der Wolfsburger Rundblick exklusiv mit dem Ausnahme-Alpinisten.

Reinhold Messner ist mit seinem Vortrag „Leben am Limit“ am 20. Januar im CongressPark zu Gast. Foto:Arne-Schultz

Herr Messner, Sie sind Extrembergsteiger. Was heißt für Sie eigentlich extrem im Zusammenhang mit Bergsteigen?
Messner: Der Ausdruck „Extrembergsteiger“ verliert sich heutzutage immer mehr. Für mich bedeutet er bis an die Grenze des Möglichen zu gehen, mich großen Gefahrenräumen und größten Schwierigkeiten auszusetzen.

Welche Ihrer zahlreichen Bergtouren war denn die größte Herausforderung?
Messner: Das lässt sich so allgemein nicht sagen. Manche Herausforderungen waren im Rückblick gar nicht so schlimm, wie zunächst angenommen. Entscheidender ist, wenn etwas nicht mehr zu handhaben ist, weil plötzlich unerträgliche Schwierigkeiten auftreten. Beispielsweise verlor ich 1970 auf dem Kangchendzönga, dem drittgrößten Berg der Welt, in Nepal/Tibet das Zelt. Immer stärker wurde dann der Selbsterhaltungstrieb am oberen Ende der Welt.

Welche Rolle spielte Ihre stets minimale Ausrüstung bei den Aufstiegen?
Messner: Ohne entsprechende Rückendeckung ist es viel exponierter, Erfahrungen zu machen. Auch ist ein abgespeckter Alpinismus, wie ich ihn betreibe, um ein Vielfaches kostengünstiger, als tonnenweise Ausrüstung auf einen Berg zu schaffen.

Sie bezeichnen sich selbst als „Grenzgänger“. Was reizt Sie daran, ständig nach den eigenen Grenzen zu suchen?
Messner: An der Grenze zu gehen, heißt: Mich an der Grenze des Möglichen zu bewegen. Bergsteiger versuchen ja stets, die von ihren Vorgängern aufgestellten Grenzen zu überwinden. Die absolute Grenze des Machbaren schlechthin habe ich erreicht.

Dann haben Sie also Ihre persönliche Grenzlinie gefunden. Auf welcher Tour?
Messner: Die absolute Grenze des Machbaren erreichte ich bereits 1968 in den Dolomiten. Dort befand ich mich in 600 Metern Höhe über einem Abgrund an einer glatten Platte. Es ließ sich kein Haken hineinschlagen und es führte kein Weg zurück. Ich saß also in der Falle und musste etwas tun. Mit minimalen Griffen und immer im Bewusstsein, jederzeit stürzen zu können, gelang es mir, mich aus dieser Lage zu befreien. Das war letztlich Glück und ich wusste, dass ich die Grenze des Möglichen damit erreicht hatte.

Die Durchquerung der Antarktis steht bei Ihnen in einer Reihe mit der Durchquerung der Wüsten Gobi und Takla Makan. Ewiges Eis und Sandmengen: Vergleichbare Erfahrungen für den Suchenden oder doch völlig andere?
Messner: Die Materialien sind natürlich völlig unterschiedlich: Während im Eis der Antarktis 86 Prozent des Süßwasservorrats der Erde lagern, ist gerade die Knappheit von Wasser in der Wüste eine große Schwierigkeit. Sowohl im Eis als auch in der Wüste stieß ich an meine ganz persönlichen Grenzen.

Sie feiern im kommenden Jahr Ihren 70. Geburtstag. Wie verbringen Sie Ihren Ehrentag?
Messner: Das weiß ich jetzt noch nicht genau: Da mein Geburtstag auf einen Mittwoch fällt, gibt es ein Fest wenn überhaupt erst an einem Wochenende. Vielleicht gehe ich an meinem Geburtstag mit meinem Sohn klettern in den Dolomiten, dem schönsten Gebirge der Welt.

Welches sind Ihre Projekte für die Zukunft?
Messner: Ich werde weiter an meinem eigenen Museum arbeiten und nach neuen Formen, mich auszudrücken, suchen. Alles, was ich schon einmal gemacht habe, wird langweilig.

Weitere hautnahe Einblicke in sein bewegtes Leben als Ausnahme-Bergsteiger liefert Reinhold Messner in dem Vortrag am 20. Januar im CongressPark. Tickets gibt es ab sofort an allen bekannten Vorverkaufsstellen.