Umbau bei VW: Diess ist am Zug
Der neue starke Mann bei Volkswagen: Dr. Herbert Diess soll den Automobilkonzern in eine gesicherte Zukunft führen. Foto: Volkswagen (Archiv)

Umbau bei VW: Diess ist am Zug

Wolfsburg. Volkswagen hat einen neuen Chef: Der Aufsichtsrat ernannte bei seiner Sitzung am Donnerstag den bisherigen VW-Markenchef Dr. Herbert Diess zum neuen Vorstandschef des Autokonzerns. Sein Vorgänger Matthias Müller sei „im gegenseitigen Einvernehmen mit sofortiger Wirkung“ als Vorstandsvorsitzender ausgeschieden. Diess soll den Konzernumbau weiter vorantreiben, wie in einer Konzernmitteilung hervorgehoben wurde. Im Zuge eines umfassenden Konzern-Umbaus führt VW außerdem neue Markengruppen ein.
VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch betonte, Diess habe „bei der Neuausrichtung der Marke Volkswagen eindrucksvoll bewiesen, mit welchem Tempo und mit welcher Konsequenz er tiefgreifende Transformationsprozesse umsetzen kann“. Pötsch dankte auch dem scheidenden Vorstandschef: „Matthias Müller hat Herausragendes für den Volkswagen-Konzern geleistet.“

Vertrag erfüllen
Aus dem Unternehmen allerdings scheidet er nach Angaben eines Sprechers nicht aus. Er wird demnach seinen Vertrag bis 2020 erfüllen. Dem seit Herbst 2015 – seit „Dieselgate“ mit Millionen manipulierter Dieselfahrzeuge – amtierenden bisherigen Konzernchef soll intern Entscheidungsschwäche vorgeworfen worden sein.
Pötsch erklärte nun, Müller habe den Vorstandsvorsitz im Herbst 2015 übernommen, als das Unternehmen „vor der größten Herausforderung seiner Geschichte stand“. Er habe den Konzern sicher durch diese Zeit gesteuert, das Unternehmen strategisch neu ausgerichtet, einen Kulturwandel in die Wege geleitet und dafür gesorgt, dass der Konzern „nicht nur in der Spur geblieben ist, sondern robuster als jemals zuvor dasteht“. Volkswagen hatte 2017 trotz weiter drückender „Dieselgate“-Lasten deutlich mehr verdient.

Führend mitgestalten
Pötsch sagte nach der Sitzung des Aufsichtsrats, VW wolle die individuelle Mobilität von morgen an führender Stelle mitgestalten. Diess erklärte es zu seiner wichtigsten Aufgabe, „den Weg hin zu einem profitablen, weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität konsequent weiter zu verfolgen“. Volkswagen müsse Tempo aufnehmen und Akzente bei Elektromobilität, bei der Digitalisierung des Autos und des Verkehrs und bei neuen Mobilitätsdiensten setzen.
Auch die Neuorganisation der Gliederungen des Zwölf-Marken-Konzerns soll kommen. Durch die neuen Markengruppen soll der Autokonzern künftig nicht mehr so zentral geführt werden. Eingeführt werden die Markengruppen „Volumen“, „Premium“ und „Super Premium“. Für die Nutzfahrzeugeinheit Truck & Bus sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, diese an die Börse zu bringen.

Zusätzliche Aufgaben
Die für die Markengruppen verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden übernehmen zusätzlich Konzernführungsaufgaben. Diess verantwortet demnach die Konzernentwicklung- und Forschung, Audi-Chef Rupert Stadler den Konzernvertrieb und Porsche-Chef Oliver Blume die Konzernproduktion. Zugleich rückt Porsche-Chef Oliver Blume in den Konzernvorstand auf.
Die umfassende Neuordnung soll nach den Worten von Pötsch Entscheidungen bei dem riesigen Autokonzern beschleunigen. Die neue Aufteilung solle die Konzernsteuerung verschlanken und Synergien nutzen, erklärte Pötsch. „Ziel des Volkswagen-Konzerns ist und bleibt es, das Unternehmen mit seinen Marken zukunftsfähig auszurichten.“
Der 59-jährige Diess galt bereits länger als „Kronprinz“. Er scheut auch Konflikte mit dem Betriebsrat nicht und lag mit Betriebsratschef Osterloh wegen des „Zukunftspakts“ im Clinch. Diess gilt in Teilen der Belegschaft aber auch als umstritten. Darüber hinaus beschlossen die Aufseher des Aufsichtsrates weitere Personalien.

Sanz räumt Posten
Gunnar Kilian, Generalsekretär im Betriebsrat, wird Personalvorstand. Der Einkaufsvorstand Garcia Sanz räumt seinen Posten auf eigenen Wunsch – und gibt damit wohl auch sein Amt als Aufsichtsratschef beim Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg auf. Die Aufgaben von Sanz bei VW wird der Beschaffungsvorstand der Marke, Ralf Brandstätter, kommissarisch übernehmen. „Dr. Garcia Sanz hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein Beschaffungsressort modernster Prägung aufgebaut“, sagte Pötsch. Durch Führung der Diesel-Taskforce habe er maßgeblich zur Bewältigung des Diesel-Skandals beigetragen.