Löst die Polizei jetzt alte Wolfsburger Mordfälle?
Sabine Bittner wurde im November 2012 in ihrem Haus in Reislingen-Südwest erschossen. Foto: Archiv

Löst die Polizei jetzt alte Wolfsburger Mordfälle?

Wolfsburg. Die Morde an Sabine Bittner (2012) oder Edgar Brock (1996) – können sie und weitere schwere Verbrechen in Wolfsburg vielleicht doch noch aufgeklärt werden? Systematisch und mit modernster Kriminaltechnik will sich die Polizei in Niedersachsen jetzt knapp 300 so genannte „Cold Cases“ vorknöpfen.
Von einem Cold Case sprechen die Ermittler, wenn eine schwere Straftat nach mehr als einem Jahr noch nicht aufgeklärt und die Spur zum Täter eben kalt ist. Das Landeskriminalamt hat nun ein neues Konzept erstellt, wie Fälle, die teils Jahrzehnte zurückliegen, künftig aufgearbeitet werden sollen.
Rund 45 Kapitalverbrechen aus dem Bereich der Polizeidirektion Braunschweig, zu dem auch Wolfsburg gehört, sollen neu aufgerollt werden. In Frage kommen dabei auch einige Fälle aus der VW-Stadt:
❱❱ 2016: Am Nachmittag des 11. November (15.15 Uhr) entdeckt ein Zeuge im Bordell „Sandy’s Freizeittreff“ eine schwer verletzte, am Boden liegende Frau. Es ist die Prostituierte Romery Altagracia Reyes Rodriguez. Die 33-Jährige, die aus der Dominikanischen Republik stammt, stirbt noch am Tatort. Bis heute ging die Polizei mehr als 300 Hinweisen nach.
❱❱ 2016: In einem Altkleidercontainer in Wendhausen wird im September 2016 die Leiche eines Neugeborenen gefunden. Die Hintergründe sind bis heute ungeklärt, ebenso wie die Identität der Eltern. Der Container liegt nur einige hundert Meter entfernt von einer Abfahrt der Autobahn 2 Berlin – Hannover. Der Junge wird in Wendhausen beerdigt – und zuvor auf den Namen Gabriel getauft.
❱❱ 2012: Am 29. November wird die 47-jährige Sabine Bittner in ihrem Haus in Reislingen-Südwest mit zwei Genickschüssen regelrecht hingerichtet. Die Polizei war lange überzeugt, dass es sich um einen Auftragsmord gehandelt haben muss. Nachweisen ließ sich das nicht. Für Aufsehen sorgten die Ermittlungen, als 50 Bereitschaftspolizisten rund 1000 Nachbarn befragten.
❱❱ 1996: Der bekannte Wolfsburger Autohändler Edgar Brock wird am 12. Februar am Steuer seines Fahrzeugs im Stadtteil Klieversberg erschossen. Mehrere Schüsse aus einer großkalibrigen Waffe trafen ihn in Kopf und Brust. Ein Wiederbelebungsversuch scheitert. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen. Ob es ein Raubüberfall war oder ob Brock Opfer eines Eifersuchtsdramas wurde – wie damals spekuliert wurde – steht bis heute nicht fest.
Das Landeskriminalamt plant, die teils noch in Aktenordnern erfassten Cold Cases aus den vergangenen Jahrzehnten nach festgelegten Kriterien zu erfassen. Danach soll eine Auswahl der Fälle getroffen werden, bei denen eine Neuaufnahme der Ermittlungen lohnenswert erscheint. „Grundsätzlich kommt dafür jeder Mord in Frage“, erklärte ein Sprecher der Polizeidirektion Braunschweig. Welche Fälle neu aufgerollt werden, soll bis Ende November beschlossen werden.
Wolfsburgs Kripo-Chefin Imke Krysta sagt: „Mord verjährt nicht. Insoweit kann ein geplantes Cold-Case-Management ein geeignetes Mittel darstellen, um ungeklärte Tötungsdelikte nochmals zu durchleuchten.“