Schulen, Schulden und Fusion: Salzgitters OB-Kandidaten schenken sich nichts

Schulen, Schulden und Fusion: Salzgitters OB-Kandidaten schenken sich nichts

Die Bildungslandschaft und die Schulden Salzgitters sowie die Frage der Zukunft der Stadt in der regionalen Entwicklung waren die Schwerpunkt einer munteren Diskussion zur Oberbürgermeisterwahl. Die Salzgitter Woche hatte dazu die Kandidaten Frank Klingebiel, Sabine Fricke und Hermann Fleischer zu Gast. Einzelbewerber Edward Majewski fehlte aus beruflichen Gründen.

Die Redeschlacht ist geschlagen: SZW-Moderator Roland Weiterer und die OB-Kandidaten Frank Klingebiel, Sabine Fricke und Hermann Fleischer sind mit der Diskussion sehr zufrieden.

Fast 5.000 Bürger hätten ihren Wunschkandidaten schon gewählt, eröffnete SZW-Redakteur Roland Weiterer die Diskussionsrunde und wollte von den drei Kandidaten wissen, wo Salzgitter jetzt steht. Amtsinhaber Frank Klingebiel betonte, dass die Stadt parteiübergreifend auf einem guten Weg gebracht worden sei. Dazu zählte er die Maßnahmen auf zur Entwicklung einer kinder- und familienfreundlichen Stadt mit guten Bildungsangeboten. Der Erfolg sei daran zu messen, dass der radikale Einwohnerverlust erstmals gestoppt worden sei. „Diese gemeinsame erfolgreiche Politik möchte ich fortsetzen“, erklärte Klingebiel.

Sabine Fricke, parteilose Kandidatin von SPD und Grünen, sah durchaus eine positive Entwicklung in Salzgitter, die aber nicht mit anderen Städten Schritt hält. Kritik gab es an der Finanzsituation. Obwohl die Stadt die höchsten Steuereinnahmen ihrer Geschichte hatte, hätte sich das Vermögen um 100 Millionen Euro reduziert. Die Schulden seien seit Beginn der Amtszeit Klingebiels von 322 auf 349 Millionen gestiegen. Damit verbunden forderte Fricke eine bessere Infrastruktur, um die Transportwege zugunsten der hiesigen Wirtschaft auszubauen. In Zusammenarbeit mit Braunschweig und Wolfsburg sollten darüber hinaus auf salzgitterschem Boden weitere Industrie-Unternehmen angesiedelt werden.

Fleischer spricht sich           für ein Sozialticket aus

Hermann Fleischer, Kandidat der Linken, lobte die Bildungspolitik und hält die damit verbundenen Ausgaben für nötig. Er erläuterte, was seine Partei anderes gemacht hätte: „Dem von SPD/CDU gemeinsam organisierten Verkauf der städtischen Klinik haben wir nicht zugestimmt. Das hat 200 Arbeitsplätze gekostet. Die Daseinsvorsorge gehört in die Hand der Kommune, das gilt auch für die WEVG.“ Fleischer forderte ein Sozialticket und einen Sozialpass, um allen Bürgern die Teilhabe an der Kultur in Salzgitter zu ermöglichen.

Klingebiel (CDU) begründete den hohen Schuldenstand mit den konjunkturell bedingten Schwankungen bei den Gewerbesteuereinnahmen. Sein Ziel sei es, durch eine attraktivere Stadt viele Menschen zum Umzug nach Salzgitter zu veranlassen. „Wir bieten 43.000 Arbeitsplätze, davon leben nur 20.000 in unserer Stadt. Die anteiligen Einkommenssteuerbeträge bleiben nicht bei uns“,  betonte er. Fleischer forderte, dass die Kosten der auf die Kommunen übertragenen Aufgaben wie die Einführung der Inklusion von Bund und Land zu zahlen wären.

Fricke fordert                                               Wohnungsprogramm

Fricke sah Möglichkeiten in der engeren Zusammenarbeit der drei großen Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg und durch eine Verbesserung der Bildungslandschaft als Lernstandorte für „technische Berufe“ sowie für „Gesundheit und Pflege“. Zudem forderte sie ein Wohnungsbauprogramm zur Attraktivitätssteigerung des Bestandes. „Wir sind als Stadt nicht in der Lage, Haus- und Fondsbesitzern eine Umgestaltung vorzuschreiben“, konterte Klingebiel. Bei der städtischen Wohnbau, die nur einen Leerstand von etwa einem Prozent habe, sei das anderes.
Alle Kandidaten sprachen sich für den Erhalt der kreisfreien Stadt Salzgitter aus. Fricke schränkte aber ein, dass sie bei einer anderen positiveren Gestaltung der Region eventuell doch darauf verzichten würde.

Klingebiel stellte fest, dass die kreisfreie Stadt aufgrund aller Angebote von Krankenhaus bis Schule und Kultur weiter lebensfähig sei. Aufgrund negativer Erfahrungen mit der interkommunalen Zusammenarbeit bevorzugt er inzwischen das von ihm entwickelte „Drei-Zentren-Modell“, eine enge Zusammenarbeit mit den drei Städten und der Einladung an die Kreise, sich anzuschließen.

Fricke findet das Modell gut, hielt dem OB aber vor, diese Idee zu früh veröffentlicht und damit die betroffenen Städte und Landkreise verprellt zu haben. Zudem stellte sie fest, dass sich Salzgitter zwei Jahre zu spät mit dieser Frage auseinandergesetzt habe. Die Stadt müsse die Nachbargemeinden mit ihrer besonderen Rolle als Industriestandort, den Naherholungsgebieten und der guten Krankenhausversorgung überzeugen. Die Linke, so Hermann Fleischer, stütze die Selbständigkeit der Stadt, die immerhin über fünf große Industrie-Betriebe verfüge.

Klingebiel für Vielfalt              in der Schullandschaft

Die Diskussion um die zweite Integrierte Gesamtschule (IGS) demonstrierte ein breites Spektrum an Meinungen. Fleischer stellte fest, dass eine IGS nachgewiesenermaßen der beste Lernort für Schüler und fester Bestandteil in Europa, außer Deutschland und Österreich sei.

Klingebiel sprach sich für eine Vielfalt in der Schullandschaft aus. Die IGS in Lebenstedt habe Probleme, trotz der Kinder aus dem Süden die Klassen zu füllen.  Er bezeichnete den Ratsbeschluss zur Gründung der zweiten IGS in Salzgitter als verantwortungslos. Man müsse die Geduld haben, noch ein paar Jahre die weitere Entwicklung abzuwarten.

Für Fricke wird es in Deutschland künftig nur noch IGS und Gymnasium geben. Bei eindeutiger Zustimmung in einer weiteren Umfrage  bei den Eltern im Süden würde sie als künftige Oberbürgermeisterin entsprechend handeln.

Die Schlussworte

Im Schlussstatement wiederholte Fleischer seine Forderung nach Einführung von Sozial-Ticket und Sozial-Passe sowie die Rückführung von Klinik und WEVG. Fricke möchte die Lebensqualität in der Stadt verbessern, die Schulden senken, die Stadt für die Schule der Zukunft aufstellen und den Wohnungsbau für ältere Menschen ankurbeln. Kingebiel will gemeinsam mit den Bürgern an seiner Zukunftsvision für die Stadt festhalten und seine „erfolgreiche Arbeit“ weiterführen.