hallo Salzgitter trifft OB Frank Klingebiel zum Neujahrsgespräch
Salgzitters Oberbürgermeister Frank Klingebiel. Foto: Weiterer

hallo Salzgitter trifft OB Frank Klingebiel zum Neujahrsgespräch

Salzgitter. Und wieder ist ein Jahr vorbei. Die Stadt ist 2016 mit hohen Bürden gestartet. Mehr als 360 Millionen Euro Schulden, VW-Krise, Debatte um Schacht Konrad und Flüchtlingsunterbringung. hallo-Redakteur Roland Weiterer traf Oberbürgremeister Frank Klingebiel zum Neujahrsgespräch.

hallo: Das Jahr ist schon wieder in vollem Gang. Gibt es eien Termin, auf den sie sich besonders freuen?
Klingebiel: 2016 ist Kommunalwahl. Ich hoffe, dass viele Bürgerinen und Bürger zur Wahl gehen. Für fünf Jahre können sie die Kommunalpolitik gestalten, in Zeiten der Politikverdrossenheit würde ich deshalb gerne schon am Anfang des Jahres auf dieses Ereignis hinweisen. Es geht darum, wie sich das örtliche Gemeinschaftsleben entwickelt. Eine bessere Beteilgung als über einen Rat gibt es nicht. Leider haben alle Parteien Schwierigekeiten dabei, Menschen zu motivieren, sich politisch zu engagieren. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn möglichst viele Salzgitteranerinnen und Salzgitteraner auch kandidieren.

hallo: Was erwarten Sie sich denn von der Kommunalwahl?
Klingebiel: Wichtig ist mir, dass Salzgitter einen Rat hat, mit dem ich sachlich und vertrauensvoll zusammenarbeiten kann und der mich bei meinen schwierigen Aufgaben auch unterstützt. Es geht darum, dass wir gemeinsam fünf Jahre die Geschicke der Stadt leiten. Ich möchte meine ganze Kraft in Zukunftsprojekte und nicht in Abwehrkämpfe stecken.

hallo: Es gibt schon sehr bald einen wichtigen Termin für die Stadt. Umweltministerin Barbara Hendricks kommt am 19. Januar nach Salzgitter. Was versprechen Sie sich von dem Besuch?
Klingebiel: Sie selber soll den Eindruck mitnehmen, dass diese Region in Sachen Schacht Konrad und Asse zusammensteht. Das Thema hat mit den fast 70.000 Unterschriften im letzten Jahr erheblich an Fahrt aufgenommen. Die Menschen gucken genau hin, wie sich die Bundesregierung verhält. Ich erwarte auch, dass die Ministerin kommt, ohne festgelegt zu sein und dass sie sich unsere Argumente sowie die der Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Kommunen anhört und in den Entscheidungsfindungsprozess einbezieht. Was wir nicht brauchen, ist ein Schautermin.

hallo: Wie kann die Öffentlichkeit an diesem Besuch teilhaben?
Klingebiel: Wir stimmen uns im Bündnis aus Stadt, der Konrad AG, Landvolk und IG Metall ab, wie wir die Öffentlichkeit einbinden können, planen aber keinen so großen Termin wie beim Besuch des Staatssekretärs in der Aula. Es ist auch keine Podiumsdiskssion geplant, sondern wir wollen hören, was die Ministerin und die Bundesregierung zu unseren Fragen und Einwendungen zu sagen hat. Eine Lautsprecherübertragung auf den Vorplatz der Kulturscheune wird es in jedem Fall geben.“
hallo: Wie sehr sind sie überrascht, dass die Ministerin überhaupt kommt?
Klingebiel: Wir haben durch die Einwendungskampagne den Fuß in die Tür bekommen. Davor waren politische Veränderungen kaum vorstellbar. Jetzt wäre ich aber enttäuscht gewesen, wenn die Ministerin nicht gekommen wäre. Die Geschlossenheit der Region und die politische Bedeutung wurde von den Verantwortlichen in Berlin anfangs sehr unterschätzt. Ich bin sicher, dass sie sich jetzt ernsthaft mit unseren Forderungen auseinander setzen.

hallo: Bei der Debatte gerät der Konrad-Fonds fast in Vergessenheit. Was tut sich dort?
Klingebiel: Von der Debatte ist der Konrad-Fonds nicht beeinflusst. Wir haben über diesen erst verhandelt, als der Rechtsweg ausgeschöpft war. Wir haben ein Image-Problem durch Konrad, egal wie die politische Diskussion ausgeht. Bisher zahlt nur der Bund 700.000 Euro pro Jahr ein, die Energiewirtschaft nicht, weil sie die Beteiligung gekoppelt hat an die Inbetriebnahme. Wenn es nichts wird mit dem Schacht, wird auch die Zahlung eingestellt. Das ist auch in Ordnung.

hallo: Es gibt eine enge Zusammenarbeit der Kommunen bei Schacht Konrad, was tut sich in Sachen Fusion?
Klingebiel: Wir sind mit den Kollegen aus Braunschweig und Wolfsburg dabei, die Interesse der Region in Hannover zu vertreten und sprechen dort mit einer Stimme. Vor allem beim Öffentlichen Nahverkehr haben wir Nachholbedarf bei der finanziellen Ausstattung. Ich bin sehr dankbar für die gemeinsame Vorgehensweise. Wenn das Schule macht, wird die Region geschlossen auftreten können. Denn Gebietsgrenzen behindern nicht die Ergebnisse von guter Zusammenarbeit. Und egal ob die Strukturdebatte wieder aufflammt, ich stehe für die Kreisfreiheit von Salzgitter.

hallo: Der kreisfreien Stadt geht es aber nicht gut. Wie sieht die Finanzlage aus und was könnte helfen?
Klingebiel: Dies ist nur eine Momentaufnahme, die vor der Wirtschaft- und Finanzkrise und der Stahlkrise ganz anders aussah. Anders als in vielen anderen Städten hängt unsere Haushaltslage vor allem von den Gewerbesteuereinnahmen der Big Five ab, der großen Firmen. Und da gibt es immer Ausschläge und Krisen. Es bleibt dabei: Wir sind in guten und in schlechten Zeiten verbunden und haben daher zeitweise ein Einnahmeproblem.

hallo: VW ist einer dieser größten Arbeitgeber. Wie groß sind ihre Sorgen über die Abgaskrise für Salzgitter?
Klingebiel: Das könnte alle Standorte betreffen. Und auch die Zulieferer im Umland sind abhängig von VW. Ich bin aber überzeugt, dass der Vorstand mit Betriebsrat und Belegschaft das Unternehmen mittelfristig in die Erfolgsspur zurückbringt. Der Konzern wird gestärkt aus der Krise hervorgehen.

hallo: Wie lässt sich diese Abhähigkeit von den großen Firmen reduzieren?
Klingebiel: Wir sind dabei, die Gewerbegebiete weiter auszuweisen, für Salzgitter zu werben und den Mittelstand zu stärken. Firmen wie die Salzgitter AG oder VW werden aber immer ein Alleinstellungsmerkmal haben. Salzgitter ist Niedersachsens drittgrößer Industriestandort. Das soll so bleiben und das wollen wir auch weiter ausbauen.

hallo: Wie ist die Situation im Umgang mit den Flüchtlingen, was muss die Stadt noch leisten und wie lange kann sie sich das erlauben?
Klingebiel: Die Finanzierung kann nur über Bund und Land laufen. Das ist eine staatliche Aufgabe, die Kommunen sind in der Notlage nur eingesprungen, um die Aufnahme der Flüchtlinge vernünftig zu regeln. Da können sie nicht die Dummen sein, die das bezahlen. Wir gehen in Vorleistung für zwei Jahre, ich erwarte dann aber eine vollständige Erstattung. Dazu werden wir uns 2016 nicht nur mit der geordneten Zuwanderung beschäftigen, sondern auch der echten Integration. Das setzt Plätze in Schulen und Kindergärten voraus. Viele Flüchtlinge bleiben dauerhaft hier, wir müssen jetzt anfangen mit der Arbeit, nicht erst in fünf Jahren. Dabei heißt es aufpassen, dass wir die Gesellschaft zusammenhalten. Bei allen Anstrengungen dürfen wir die Belange und Bedürfnisse all unserer Bürgerinnen und Bürger nicht aus den Augen verlieren

hallo: Was können die Menschen vor Ort dazu beitragen?
Klingebiel: Die Menschen tun genug, jedenfalls kann ich das für Salzgitter sagen. Die Politik auf Bundes- und Landesebene ist gefragt. Das gesamte System funktioniert derzeit nur durch Kommunen und Ehrenamtliche, das kann nicht auf Dauer so bleiben. Ich erwarte da von den staatlichen Behörden eine Änderung, kann aber schon jetzt von Herzen dafür danken, dass so viele Menschen bei uns bereit sind, bei der Flüchtlingshilfe mit anzupacken.