Grußwort des Oberbürgermeisters Frank Klingebiel aus Salzgitter
Frank Klingebiel, Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter.. Foto: Peter Sierigk

Grußwort des Oberbürgermeisters Frank Klingebiel aus Salzgitter

Salzgitter. Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, das Jahr neigt sich dem Ende zu, Weihnachten und der Jahreswechsel stehen vor der Tür. Es ist die Zeit zum Innehalten und wir freuen uns auf gemeinsame Stunden im Kreise unserer Familien und Freunde. Es ist die Zeit, um sich neben den höchstpersönlichen Glaubensfragen auf Werte zu besinnen, die ich für die höchsten Güter halte: Frieden und Nächstenliebe.

Diese letzten Tage des Jahres laden uns dazu ein, noch einmal zurückzublicken und sich auf das neue Jahr einzustimmen.

„Der Veränderung die Tür verschließen, hieße das Leben selber aussperren.“

Mit diesem Zitat des amerikanischen Dichters Walt Whitman (1819 bis 1892) möchte ich gleich zu Beginn ein Thema aufgreifen, das viele von uns in diesen Tagen, Wochen und Monaten am stärksten berührt. In dem ausklingenden Jahr 2015 hat unsere Stadt rund 1.000 Flüchtlinge aufgenommen – und es werden im kommenden Jahr noch viele weitere erwartet.
Frauen, Männer und Kinder auf der Flucht vor Bürgerkrieg und Gewalt, vor Anschlägen und der Willkür von Terrormilizen gegenüber ihren eigenen Landsleuten kommen zu uns. Sie kommen, um für sich und ihre Lieben etwas für uns Selbstverständliches zu erfahren: Ein Leben in Sicherheit und Frieden.
Die Situation, nur mit dem nötigsten Hab und Gut die Heimat verlassen zu müssen, haben auch viele ältere Menschen in unserer von Zuwanderung geprägten Stadt in der Kriegs- und Nachkriegszeit am eigenen Leib erfahren. Sie haben bei uns eine neue Heimat gefunden und vor rund 70 Jahren wesentlich zum Aufbau beigetragen. Sie haben Salzgitter zu dem gemacht, was es heute ist: eine weltoffene, von Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe geprägte Stadt. Eine Stadt mit kultureller Vielfalt, die uns alle bereichert.
Ich bin stolz auf „meine“ Salzgitteranerinnen und Salzgitteraner, die die Flüchtlinge mit einer beispielhaften Willkommenskultur, mit herausragendem Engagement und Hilfsbereitschaft empfangen. Darauf aufbauend bin ich überzeugt davon, dass es uns gemeinsam gelingen wird, diese Menschen in unsere Gemeinschaft zu integrieren und ihnen eine neue Heimat zu geben. Gleichwohl erwarte ich von der Bundes- und Landesregierung, dass sie unverzüglich alles unternehmen, um die Fluchtursachen zu bekämpfen, den Flüchtlingszustrom zu begrenzen und in geordnete Bahnen zu lenken. Der soziale Friede in unserer Gemeinschaft hängt davon ab.
Doch was hat das Jahr 2015 sonst gebracht? Es fällt schwer, sich im Jahresrückblick auf einige Punkte beschränken zu müssen. Denn es gab und gibt so viele Themen, die eine große Bedeutung haben. So zum Beispiel die Einwendungskampagne zu Schacht Konrad, das erste gemeinsame Fastenbrechen oder die Eröffnung des Café del Lago am Salzgittersee.
Das ehrenamtliche Engagement der Menschen in der Flüchtlingsfrage ist nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite sind wie selten zuvor immense Anstrengungen und Herausforderungen auf der kommunalen Ebene zu meistern.
Ich habe bereits im August dieses Jahres als einer der ersten Oberbürgermeister in Deutschland auf die Probleme, die der Flüchtlingszustrom an uns stellt, hingewiesen. Ich habe umfassende Erleichterungen bei der Unterbringung von Flüchtlingen, beim Bau von Unterkünften und die damit verbundenen gesetzlichen Anpassungen im Sinne eines Marshall-Planes – gerichtet an die Entscheidungsträger beim Bund und dem Land – angemahnt. Zwischenzeitlich wurden auf Bundes- und Landesebene ganz im Sinne dieser Forderungen erste Beschlüsse gefasst.
Beschlüsse, die auch meine Arbeit im Niedersächsischen Städtetag nachhaltig prägen, zu dessen Präsident ich im September zum zweiten Mal nach 2011 gewählt worden bin. Dort und auch als Mitglied im Präsidium des Deutschen Städtetages und im Deutschen Städte- und Gemeindebund setze ich mich für die kommunalen Belange – aber auch zum Wohl unserer Stadt Salzgitter – ein.
Eine wichtige Frage in der Verbandsarbeit stellt nicht zuletzt auch die finanzielle Ausstattung der Kommunen dar. Hier fordere ich seit langem die Erstattung der Kosten durch Bund und Land, und zwar in der Höhe, in der sie entstehen. Wenn die Städte und Gemeinden auf sie übertragene Aufgaben wie im Rahmen der Inklusion, der Schulsozialarbeit oder der Flüchtlingshilfe übernehmen, dann muss der finanzielle Aufwand beglichen werden.
In diesem Zusammenhang werde ich nicht müde zu erwähnen, dass die Stadt Salzgitter kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmeproblem hat. Wir sind stärker als viele andere Städte und Gemeinden Niedersachsens von den Gewerbesteuereinnahmen der großen Industriebetriebe abhängig. In diesen Wochen wird in besonderer Weise deutlich, dass sich die Abgasaffäre bei Volkswagen mit all den finanziellen Auswirkungen für das Unternehmen auch enorm auf die betroffenen städtischen Haushalte auswirken wird – auch wenn ich sicher bin, dass Vorstand, Betriebsrat und Beschäftigte das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser lenken werden.
Mein Ziel als Oberbürgermeister unserer Stadt bleibt es, die Entwicklung Salzgitters zu einer der kinder- und familienfreundlichsten Lernstädte weiter voranzubringen. Weiter voranbringen möchte ich aber auch, gemeinsam mit meinen Amtskollegen in Braunschweig und Wolfsburg, die Verzahnung sowie die wesentliche Verbesserung der Infrastruktur und des Nahverkehrs zwischen den Städten Salzgitter, Braunschweig und Wolfsburg. Durch den Schulterschluss ist es uns drei Oberbürgermeistern gelungen, den Forderungen gegenüber dem Land das notwendige Gewicht für erfolgreiche Verhandlungen zu verleihen. Auch der Ausbau des Stichkanals Salzgitter ist im Interesse des drittgrößten Industriestandortes Niedersachsens erforderlich.
Ein weiteres für die Region und für Salzgitter – aber auch für mich ganz persönlich – wichtiges Thema war in diesem Jahr auch die Frage der beabsichtigten Einlagerung von Atommüll im Schacht Konrad. Im ersten Entwurf des Bundes zum Nationalen Entsorgungsprogramm war noch die drohende Option der Verdoppelung des einzulagernden Mülls in Konrad enthalten. Das konnten wir als einen großen und wichtigen Erfolg aus unserer gemeinsam mit den Bündnispartnern durchgeführten Einwendungskampagne gegen Schacht Konrad abwenden. Innerhalb weniger Wochen haben wir beeindruckende nahezu 70.000 Einwendungen sammeln und damit ein deutliches Zeichen in Berlin setzen können. Auch wenn die Entscheidung noch nicht ganz vom Tisch ist, zeigt die Einwendungskampagne, dass wir gemeinsam etwas bewegen können. Nicht zuletzt deshalb beschließen viele Gebietskörperschaften unserer Region einen gemeinsamen Appell, um unter anderem eine Neubewertung des Projektes „Schacht Konrad“ nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik zu fordern. Diese kann aus meiner Sicht nur zum Ergebnis haben, dass Schacht Konrad als Lagerstätte nicht geeignet ist.
Bürgerbeteiligung und Bürgerbefragung sind richtungsweisende Bausteine, wenn es darum geht festzulegen, wie sich unsere Stadt künftig aufstellt, das zeigt sich am Projekt Umgestaltung des Marktplatzes in Salzgitter-Bad oder an der Elternbefragung zu einer zweiten Integrierten Gesamtschule.
Aber auch das Bürgerengagement ist eine tragende Säule unserer Gemeinschaft, auf die wir nicht verzichten können. Viele Bürgerinnen und Bürger übernehmen Verantwortung und engagieren sich für unsere Stadt. Sie sorgen für ein lebendiges Vereinsleben oder finanzieren kulturelle und sportliche Höhepunkte. Jede und jeder Einzelne trägt viel dazu bei, dass Salzgitter so lebenswert ist, wie wir es heute kennen. Jede und jeder Einzelne stärkt das Miteinander in unserer Gesellschaft. Hierfür sage ich ganz herzlich „Danke“!

Was immer uns das kommende Jahr auch sonst noch bringen mag. Als Salzgitters Oberbürgermeister versichere ich Ihnen, mein Handeln zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger – aber auch zum Wohl und für die Zukunft unserer Stadt auszurichten.
Ich bin überzeugt davon, dass wir gemeinsam auch im kommenden Jahr die Türen ganz im Sinne Walt Whitmans nicht verschließen werden. Lassen Sie sie uns offen halten, um die Zukunft zu gestalten!
Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben, besinnliche und friedvolle Weihnachtsfeiertage sowie einen gutes, glückliches und vor allem gesundes neues Jahr 2016!