Eklat zum Start in Salzgitters neuem Rat
Oberbürgermeister Frank Klingebiel mit den gewählten Bürgermeistern Marcel Bürger, Stefan Klein und Stefan Roßmann (rechts) sowie dem Ratsvorsitzenden Bernd Grabb. Foto: rk

Eklat zum Start in Salzgitters neuem Rat

Lebenstedt. Der Rat der Stadt Salzgitter ist mit einem Eklat in seine neue Amtsperiode gestartet. Bei der Wahl der drei Bürgermeister hielten sich SPD und CDU nicht an Absprachen – jedenfalls beschuldigen sich beide Seiten, wortbrüchig zu sein. Die CDU, FDP und die Linke verließen den Saal unter Protest.

Eigentlich sollte zum Start in die neue Amtszeit alles schnell gehen. Auf der Tagesordnung standen keine politischen Streitpunkte, sondern nur Formalitäten, über die sich beide Lager schon im Vorfeld verständigt hatten. Die erste kleine Panne unterlief dann der Verwaltung bei der Wahl des Ratsvorsitzenden Bernd Grabb (SPD), weil die Stimmzettel unvollständig waren. Zwar war die Personalie unstrittig, schließlich gab es keinen Gegenkandidaten, dennoch riet Verwaltungsvorstand Wolfram Skorczyk dazu, den Urnengang zu wiederholen.
Am Ergebnis änderte das nichts. Bernd Grabb wurde mit 36 Stimmen bei fünf Enthaltungen und vier Gegenstimmen gewählt und bekam dann gleich gut zu tun. Denn die Vergabe der Bürgermeisterämter entzweite das Gremium. 33 Politiker wählten zunächst Stefan Klein (SPD). Sieben Enthaltungen und fünf Gegenstimmen waren allerdings für die SPD nicht die breite Zustimmung, die sich die Fraktion nach den Gesprächen vorgestellt hatte. So entzog sie zusammen mit den Vertretern von MBS und Grüne dem CDU-Kandidaten Christian Striese das angekündigte Vertrauen. Die drei Fraktionen wählten erstmal Stefan Roßmann (MBS) zum Ersten Stellvertreter. Auch bei der Wahl zum Zweiten Stellvertreter ließen die drei Fraktionen den CDU-Bewerber Striese durchfallen und brachten mit Marcel Bürger (Grüne) einen eigenen Mann durch. Daraufhin verließ die CDU die Sitzung, FDP und Linke schlossen sich an.
„Bürgermeisterkomplott“ nennt die CDU-Fraktion ihre Mitteilung zum Verhalten von SPD, Grüne und MBS. Die drei Fraktionen, die im neuen Rat kooperieren wollen, haben ihre Kandidaten Stefan Klein (SPD), Stefan Roßmann (MBS) und Marcel Bürger (Grüne) durchgebracht und ließen den CDU-Bewerber Christian Striese gleich zweimal durchfallen.
Der Verhalten sei „an Niedertracht und intrigantem Umgang zwischen gewählten Bürgervertretern kaum zu überbieten“ und führe nun zu einer „prekären Situation der Spaltung und Abgrenzung“ beschreibt CDU-Fraktionssprecher Rolf Stratmann den Vorgang. Die drei Fraktionen hätten ihre Macht genutzt, um „entgegen der gängigen Gepflogenheiten“ die CDU als zweitgrößte Fraktion auszuschließen. Stratmann wirft SPD und MBS zudem vor, wortbrüchig zu sein: In großem Einvernehmen seien Klein, Striese und Roßmann als Kandidaten festgelegt und eine gegenseitige Unterstützung zugesagt worden, um die drei Bürgermeister als Repräsentanten des Rates und der Stadt mit stimmenstarken Mandaten auszustatten. „Die Tatsache, dass das gesprochene Wort und feste Vereinbarungen keinen Wert mehr haben, empfinden die Mitglieder der CDU-Ratsfraktion als tiefen Vertrauensbruch und fatales Signal für die politische Zusammenarbeit“, so Stratmann. Er vermutet ein gesteuertes Komplott, das einen Rachefeldzug gegen die CDU und Oberbürgermeister Frank Klingebiel darstelle.
Dem widerspricht SPD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Leidecker. Hätte sein Parteifreund Klein die vereinbart große Mehrheit erhalten, wäre auch Striese zum Zug gekommen. Zwar gebe es immer Abweichler in den Fraktionen, doch es habe die Geschlossenheit gefehlt. Von 20 Politikern bei CDU, FDP und Linke hätten sich nur acht für Klein ausgesprochen. „Zu wenig“, findet Leidecker. „Das war sehr enttäuschend.“ Erst danach hätten sich SPD, MBS und Grünen auf Roßmann und Bürger als Kandidaten verständigt. „Es gab dazu vorher keine Absprache.“ Leidecker kritisiert auch das Verhalten des Oberbürgermeisters als „unmöglich“, der zwar noch den Blumenstrauß übergab, dann aber die Sitzung ebenfalls aus Protest verließ.
„Es ging nicht um Sachthemen, sondern um demokratische Spielregeln“, erklärt Klingebiel (CDU), warum er vorzeitig gegangen sei, obwohl ihm als OB eine überparteiliche Rolle zukomme. Er nennt es „scheinheilig“, vorher am Rednerpult für eine gute Zusammenarbeit im Rat zu werben und wenig später so abzustimmen. Klingebiel vermutet dahinter eine politische Intrige oder gekränkte Eitelkeit. Beides sind für ihn kein Grund, die Absprachen nicht einzuhalten und den Bürgerwillen zu übergehen. Das habe er deutlich machen wollen.rwe